Doro und Rainer Berauer sind seit vielen Jahren als Duo Die Isarschiffer in Wirtshäusern, auf Kleinkunstbühnen und Festivals unterwegs. Sie sind Unterhalter. Humorvolle Unterhalter. Ein Geschäft, das manchmal gar nicht so einfach ist, wie es aussieht. Roland Pongratz hat sich mit den beiden, die auch die Titelseite dieser »zwiefach«-Ausgabe zieren, unterhalten, um herauszufinden, wie Doro und Rainer es angehen, um bei ihren Auftritten die vielbeschworene Bombenstimmung im Publikum heraufzubeschwören.
Interview: Roland Pongratz
Fotos: Christian Affonso Gavinha, Engelbert Jost, Adi Aschauer, Klaus Pietrek, privat
Roland Pongratz: Liebe Doro, lieber Rainer, vielleicht gleich die schwierigste Frage zum Anfang: Dürfen Komödianten auch weinen? Gibt es Momente, in denen Euch gar nicht zum Lachen ist und ihr aber trotzdem für Euer Publikum da sein müsst oder wollt? Wie geht man mit so einer Situation um?
Rainer: Komödianten müssen weinen können. Nur wer selbst zu tiefer Emotion fähig ist, kann andere wirklich berühren, davon sind wir überzeugt. Das Humorgewerbe erfordert eine Menge Empathie.
Doro: Auch wenn man selber mal traurig ist oder unpässlich, das Publikum hat Erwartungen und ein Recht auf sein Programm. Und das geht, wie das Leben auch, immer weiter.
»Wir haben den gleichen Humor.«
Für alle, die Euch noch nicht kennen: Wer oder was sind die Die Isarschiffer?
Doro: Ich bin in einer oberfränkischen Großfamilie aufgewachsen und habe noch fünf Geschwister. Es wurde gut gekocht und gegessen und beim Abwasch danach wurden mehrstimmig Lieder gesungen. Da ging die Arbeit leicht von der Hand und die Stimme wurde bereits als Kind trainiert. Noten gab es keine dazu. Eine Zeit lang hatte ich klassischen Gesangsunterricht, dann konnte ich in Los Angeles am VIT ein Gesangsstudium beginnen. Nach diesem zog es mich wieder in die Heimat zurück, wo ich Rainer kennenlernte und wir ein Paar wurden.
Musikalisch gingen wir zunächst getrennte Wege. Ich sang einige Jahre in verschiedenen Frauenquartetten und in einer Big Band. Da aber immer wieder gefragt wurde, warum wir nicht gemeinsam auftreten – unsere Stimmen würden sich so wunderbar mischen – haben wir es dann auch einmal umgesetzt und Die Isarschiffer gegründet. Wir haben den gleichen Humor und lieben es, diesen detailliert auszuarbeiten. Nicht selten lachen wir uns halb kaputt dabei und freuen uns sehr, wenn es das Publikum dann auch tut.
Rainer: Ich habe als kleiner Bub schon Gedichte geschrieben und als ich mit elf anfing, Gitarre zu spielen, sofort auch eigene Lieder. Die eigene Sprache, der bayerische Dialekt, war mir von Anfang an wichtig. Mittlerweile habe ich weit über hundert Lieder in Mundart verfasst. Stilistisch bin ich dabei sehr flexibel. Ich fing als kleiner Bub an mit Schuhplatteln im Trachtenverein und sog die Volksmusik quasi mit der Muttermilch ein. Als Pubertierender begann ich mich mehr für Rock und die amerikanischen Songwriter wie Dylan oder Simon zu interessieren. Auch mit Britpop hatte ich in den 1980ern Berührung.
Zum Humorgewerbe kam ich durch meine Gruppe Giesinger Sautreiber, mit denen ich zwölf Jahre lang durch Deutschland, Österreich und die Schweiz touren durfte. Nach deren Auflösung spielte ich zwei Solo-Kabarettprogramme. Prost Mahlzeit – ein Survival für Oberbayern und Harte Weiche – Schienengeflüster. Mit Doro zusammen touren wir nun im fünfzehnten Jahr und mit wachsender Begeisterung.
Ihr seid viel unterwegs. Wo tretet ihr zum Beispiel auf und was bietet ihr Eurem Publikum dann?
Doro: Wir mischen Kabarett mit Volksmusik, es gibt Comedy, Klamauk, viel zum Mitsingen und Mitmachen. Wir bieten unterhaltsam eine große Vielfalt und gehen sehr auf unser Publikum ein. Aktuell spielen wir zwei Programme: Wirtshausgaudi, die geht voll auf die zwölf und Gartenlust, ein Programm eher für den Biergarten, gespickt mit Welthits auf Bayerisch. Unser drittes, neues Programm ist gerade in Arbeit und wird wohl sehr bald schon auf die Bühne kommen.
Rainer: An Auftritten nehmen wir alles mit. Wir spielen Straße, Kabarettbühne, Wirtshaus, Festivals, Gstanzlsingen, Geburtstage, Hochzeiten, Beerdigungen und seit neuestem auch immer öfter Scheidungen. Die sind super, da kann man zweimal auftreten … Wir besuchen dabei, gerne auch außerhalb von Bayern, alle deutschsprachigen Regionen. Wir haben zwei CDs produziert, Oberwasser und Ludwig der II., das verbotene Lied. Diese kann man auf unserer Webseite oder bei Konzerten käuflich erwerben.
Wie seid ihr eigentlich draufgekommen, Euch eher der humoristischen Unterhaltung bzw. dem Kabarett zu widmen? Es hätte ja auch was Ernsthaftes sein können.
Doro: Wir haben das Gefühl, die Leute möchten, wenn sie abends ins Kabarett oder Wirtshaus gehen, negative Einflüsse eher hinter sich lassen und stattdessen lieber herzhaft lachen. Das geben wir ihnen. Auf unserem Youtube-Kanal haben wir eine ganze Reihe sehr lustiger Video-Clips produziert.
Rainer: Es hat sich erwiesen, dass die humoristischen Darbietungen vom Publikum einfach mehr Zuspruch erhalten. Nach Corona hat sich dieser Trend nochmal deutlich verstärkt. Wobei wir immer auch mal Ernsthaftes ins Programm einstreuen. Das goutieren die Leute dann auch.
Ich denke, ihr wollt mit Euren Auftritten auch das bayerische Lebensgefühl ein wenig widerspiegeln. Wie würdet ihr das beschreiben?
Doro: Viel Lebenslust und Freude. Die Bayern lieben es zu Feiern und gehen, wenn man sie entsprechend lockt, auch sehr gut aus sich heraus. Dabei finden sie aber auch immer einen Grund zum Granteln und Schimpfen, ein gewisses Mimimi ist ihnen nicht fremd.
Rainer: Wir leben hier auf einer Art Insel der Seligen. Es geht uns in so vielen Bereichen so derartig gut. Wenns uns dann aber zu gut geht, gehen wir aufs Eis und scheitern. Auch davon handeln unsere Texte.
Gibt’s in Euren Augen oder Ohren Humorregionen? Also lacht man auf dem Land über andere Witze als in der Stadt? Oder kommt in Nordbayern was anderes an als in Südbayern?
Doro: Auf dem Land sind die Menschen oft erdiger, dafür hat man in der Stadt ein anderes Energielevel. Auch ist in manchen Regionen der Humor etwas derber. Die Stadtmenschen haben meist einen etwas höheren Anspruch an das Niveau der Unterhaltung.
Rainer: Auch wenn sich Oberpfälzer, Niederbayern, Franken und Oberbayern untereinander gerne mal tratzen und aufziehen, in ihrem Humor sind sie nicht sehr weit auseinander. Auch die Österreicher und Deutschschweizer sind für diesen sehr empfänglich.
Viele Eurer Lieder stammen aus Eurer eigenen Feder. Wo nehmt ihr die Ideen dafür her und welche Themen sind Euch wichtig? Ist es eigentlich ein gemeinsamer Kreativprozess?
Doro: Ich gebe oft mal eine Idee dazu und Rainer verarbeitet sie dann in seinen Texten. Die Texte kommen direkt aus dem Leben, das ist alles sehr authentisch bei uns. Die Programme erarbeiten wir gemeinsam.
Rainer: Wir picken Schwächen, Marotten und Eigenheiten heraus und beleuchten sie in satirischer Weise. Das schönste und reinste Lachen ist immer noch jenes über sich selbst.
Der Erfolg der Isarschiffer zeigt, dass Ihr damit offenbar auch in Zeiten eines Überangebots an Unterhaltung einen Nerv trefft. Wie erklärt Ihr Euch das?
Doro: Es scheint uns zu gelingen, einen Spiegel vorzuhalten, in dem die Leute sich oder ihre Nächsten wiedererkennen. So haben wir gemeinsam eine gute Zeit. Auch ist das Programm nicht von der Stange. Alles selbst gestrickt und sehr eigen. Das wird honoriert. Auch wenn man im Fernsehen rauf und runter Stand-Up-Comedy und Kabarett hören kann: Live und originell ist doch noch mal was anderes. Und wenn man dann noch dabei mitmachen und lachen kann …
Rainer: Wir verkörpern eine sehr lang gewachsene Tradition. Mundart-Liedersänger und -macher wie uns, die den Menschen auf den Mund und in die Seele schauen, gibt es sicher schon seit der Mensch anfing zu singen. Wir versuchen den Spagat, die bayerische Tradition zu bewahren und gleichzeitig, diese auf moderne Weise kreativ und humorvoll weiterzutragen. Das kann dann auch mal in einen bayerischen A-cappella-Schlager mit Beatbox münden.
Letzte Frage: Wann würdet Ihr einen Abend mit Euch als besonders gelungen bezeichnen?
Doro: Es gibt Abende, da möchte man gar nicht einschlafen, weil einen das Publikum so abgeholt und mitgenommen hat. Wenn die Menschen nach dem Auftritt zu einem kommen und sich überschwänglich bedanken, ist man voll Adrenalin und fühlt sich großartig.
Rainer: Sätze wie: »Ich habe schon lange nicht mehr so viel und herzlich lachen können«, und die ehrliche Begeisterung der Leute geben eine Bestätigung, von der man selbst auch lange zehren kann. Manchmal kommen wir uns auf der Bühne vor wie eine Art Seelsorger. Wir gehen in unsere Kirche. Wenn die Leute aus sich herausgehen, mitmachen, lachen und sichtlich Spaß haben, dann freut uns die Arbeit am meisten.
Liebe Doro, lieber Rainer, vielen Dank für diese Einblicke in Euer musikalisches Komödiantenleben!
Hier treten Die Isarschiffer auf
- Samstag, 6. September, 19.00 Uhr: Isarinselfest, München
- Dienstag, 16. September, 15.00 Uhr: Tag der Selbsthilfe, München
- Samstag, 4. Oktober, 19.30 Uhr: Weinoase Huppmann, Würzburg
- Samstag, 11. Oktober, 19.30 Uhr: Café Bruno, Tapfheim
- Montag, 27. Oktober, 20.00 Uhr: Theater im Fraunhofer, München
- Samstag, 8. November, 20.00 Uhr: Brauereigasthof Hohenthann
- Sonntag, 9. November, 20.00 Uhr: Zur Säge, Auerbach
0 Kommentare