»Es is die ganze Nacht oa Wunder«

Das erste Waldramer Hirtenspiel von Elisabeth Mayrhofer

10. November 2023

Lesezeit: 15 Minute(n)

Text: Elisabeth Mayrhofer Fotos: Mayrhofer/Brustmann privat, Eike Köthnig

Wenn die Familien sich an Weihnachten vor dem Kripperl zusammenfinden, dann betreten wir ein kleines heiliges Theater, versetzen uns in die Zeit und die Geschichte von der Geburt des Christuskindes und spielen im Herzen mit, was sich vor 2.000 Jahren in Bethlehem ereignet hat, so wie wir es uns vorstellen und in unserer Fantasie die Geschichte aus dem Lukas-Evangelium ergänzen. Die darstellenden Personen sind immer gleich: Maria, Josef und das Kind, Engel, Heilige drei Könige mit Gefolge und vor allem Schafe, Hirten und Hirtinnen.

Kinder als Schauspieler

Unsere Kinder haben sich am Heiligen Abend gern ein improvisiertes kleines Hirtenspiel ausgedacht, Vorbilder aus den Adventsingen in Waldram und Degerndorf und vom Münchner Adventsingen gab es zur Genüge. So hat es sich ergeben, dass wir ihnen zutrauen konnten, ihr schauspielerisches Talent auszubauen und auch in der Kirche wie im Theatersaal einzubringen.
1995 habe ich für unsere Söhne Johannes und Gregor und deren Freunde Korbinian und Sebastian, auch Brüder aus der großen Brustmann Familie, ein kleines Hirtenspiel geschrieben.
Da die tradierten Hirten- und Krippenspiele aus dem 18./19. Jahrhundert oftmals recht grob oder moralisierend daherkommen, hatte ich früher schon für die Gestaltung des Münchner Adventsingens, das uns der Münchner Kreis ab 1984 anvertraute, mehrere Stücke für Erwachsenen geschrieben. Da war es jetzt überfällig, einmal an die theaterfreudigen Kinder zu denken.
Die meisten Kinder spielen gern Theater: schlüpfen in wechselnde Rollen, verkleiden sich, lernen dabei spielerisch sich im Auftritt zu zeigen und eine Figur lebendig darzustellen. Es ist eine sehr gute Übung deutlich, laut und langsam sprechen zu lernen, die schauspielerischen Interaktionen zu überblicken und das auswendig Gelernte auf den Punkt zur Aufführung zu bringen. Theaterspielen stärkt in Kindern Selbstbewusstsein und Sicherheit.

Das Hirtenspiel im Rahmen des Münchner Adventsingen 1999.

Was wird gespielt?

Der Aufhänger zum Ersten Waldramer Hirtenspiel war ein Erlebnis bei einer Reise in Rumänien, wo wir von einem Schäfer einen Laib Schafskäse kaufen wollten. Als er aber dann seinen Herrn, den Besitzer der Herde, kommen sah, nahm er Reißaus, weil er die Käse alle abliefern sollte und nicht selbst essen oder verkaufen durfte.
Das hat mich an die Hirten aus dem Weihnachtsevangelium erinnert, die ja Leibeigene, arme Schlucker und eher Gesindel waren. Dass ausgerechnet ihnen als erste die Botschaft von der Ankunft des Messias durch Engel verkündet wurde, war und ist immer noch eine unerhörte Provokation für die Frommen und Etablierten.
So sind also die jungen Hirten im Spiel auch sympathische Strizzi, immer müde, hungrig und zu viel auf sich gestellt. Sie schicken den Kleinsten los mit der heiklen Lieferung ihres Kaas-Ertrags und mit der Aufgabe, das nötige Brot zu holen. Nicht gerade die feine Art. Wenn sie aber dann Maria und Josef helfen und für das neugeborene Kind ihr Weniges teilen, bekommt dies durch die Vorgeschichte besondere Bedeutung.

Heilige Komödie

Bei der Heiligen Komödie eines Hirtenspiels dürfen Schalk und Humor nicht zu kurz kommen, das versteht sich von selbst und sollte bei einer Einstudierung berücksichtig werden. Dabei geht es nicht um oberflächlichen Klamauk. Vielmehr kann die weihnachtliche Botschaft samt der erhofften Freude auch durch ein warmherziges Lachen verkündet und ausgedrückt werden.
Wenn die Pagen der Heiligen Könige aus dem Morgenland und die Hirten, die schon voller Begeisterung von der Anbetung an der Krippe zurückkommen, zunächst recht aneinander vorbeireden wie im Kasperltheater, darf das schon komödiantisch ausgespielt werden. Es soll aber auch zeigen, dass die unterschiedliche Herkunft und Sprache mit wohlwollender Fantasie überbrückt und ein Weg zueinander gefunden werden kann.
Nach den ersten Aufführungen des kleinen Hirtenspiels in unseren Heimatpfarreien, konnten wir dann 2007 im Rahmen des Münchner Adventsingens im Prinzregententheater mit anderen Waldramer Kindern, das Stück noch einmal aufgreifen und aufführen. Es hat sich ergeben, dass die drei Pagen – wie auch in den Jahren 1995ff – von Kindern aus unterschiedlicher Herkunft und Kultur gespielt wurden. Das war eine gute Gelegenheit, das Thema Integration ganz spielerisch anklingen zu lassen.

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Zur Aufführungspraxis

Meist ist ein Hirtenspiel wie dieses eingebunden in ein größeres Programm mit Musik- und Gesangsgruppen, Chor und evtl. Betrachtungen einer Sprecherfigur. Das gliedert dann die Szenen und verbindet Inhalt und Dramaturgie. Wenn die Schauspieler-Kinder ein Instrument beherrschen, ist es schön die Hirtenmusik auf der Bühne zu proben. Das Stück funktioniert aber auch mit Kindern ohne Instrument. Dann wird diese Passage herausgekürzt.
Es ist gut, wenn Chor oder Gesangsgruppen ein dreiteiliges Gloria Lied zur Verfügung haben, wie der beigefügte Chorsatz von Franz Mayrhofer, damit die Szene der Verkündigung mit dem stufenweisen Erwachen und Staunen glaubwürdig dargestellt werden kann.
Die Hirtenkinder sollen deutlich ihren Dialekt sprechen, der natürlich regional angepasst werden kann. Die drei Pagen dagegen sprechen Hochdeutsch, also fremdländisch und sehr gewählt. Die Komik entsteht durch den Kontrast und dem Bemühen der Dialekt sprechenden Hirten beim Übersetzen. Maria und Josef treten übrigens in diesem Hirtenspiel als stummes Paar auf. Sie sollten von jungen Erwachsenen, nicht von Kindern dargestellt werden.
Vor und zwischen den Szenen können Musikstücke gespielt und dem thematischen Verlauf entsprechend passende Lieder gesungen werden. Ganz wichtig ist eine schöne Schlaf-Musik vor der Gloria-Szene.

Aufführungsrechte

Wir freuen uns, wenn das Hirtenspiel, die Lieder und Chöre aufgeführt werden. Bei Veranstaltungen in der Kirche oder örtlichen Sälen, bei denen kein Eintritt verlangt oder der Erlös einem wohltätigen Zweck zugeführt wird — wie es in Waldram und Degerndorf seit vielen Jahrzehnten selbstverständlich der Brauch ist — sind Stück und Lieder frei. Wir bitten aber darum, dass auf Plakaten, Programmzetteln o. ä. die Autorenschaft namentlich als »Franz Mayrhofer« für Musik und Lieder und »Elisabeth Mayrhofer« für das Hirtenspiel genannt wird. Im Zweifelsfall können wir gerne Rücksprache halten und sind erreichbar unter sissy.m@gmx.de.
Für kommerzielle Zwecke sowie Vervielfältigungen durch Aufnahmen in Ton und Bild gelten die Aufführungsrechte gemäß VG Wort und GEMA.

Es is die ganze Nacht oa Wunder

Erstes Waldramer Hirtenspiel von ­Elisabeth Mayrhofer (1995/2007)

SZENE I

Korbi: Mei, bin i müad! So müad. O mei, so müad als wia a Stoa.
Kathi: Des glaab i scho, wo mia den ganzen Tag nix anders tean, als Schaf zamtreibn, und unsere blädn Goaßn nachirenna, weil s’ allwei kreuzweis umanandahupfa.
Korbi: Mei, bin i müad!
Simon: Und Hunger hab i, dass i schia woana kunnt! Seit gestern früah, wo mia des letzte Scherzl Brot verdruckt ham, seit gestern wart ma aufn Gori, dass er bald kimmt mit ’m Essen.
Kathi: Du, was moanst, vielleicht is er gar net einikemma bis in d’ Stadt? Moanst gar, die Kraxn voller Kaas war z’ schwaar für den kloana Kerl? Er is ja so a Grischperl!
Simon: Ja, freili! Es waar scho gscheiter gwen, mia hätten oan oder zwoa Loab Kaas für uns z’ ruckb’ halten.
Kathi: Ha! Dass uns nacha der gstrenge Herr verjagt! »Teat’s fei ja alles brav abliefern!«, hat er g’sagt!
Korbi: Für was der so vui Kaas braucht?
Kathi: Der hat sei Haus voller fremde Gäst, de zahln recht guat für Essen und Quartier. Wo doch jetzt so vui Leut auf Bethlehem kemma.
Korbi: Bloß weil der Kaiser drent in Rom de Leut alle zama zähln wui! Naa, des waar ma sche z’ bläd!
Simon: Da konnst nix macha! Was a Kaiser oschafft, des werd allwei g’macht!
Korbi: Und i wann sag: »Mei bin i müad! Mei hab i Hunger!« Nacha kümmert des überhaupts koan!
Kathi: Naa, wia’s uns arme Schlucker geht, des is de großkopfaten Herrn ganz wurscht. Da müassat scho an anderer kemma, oaner der Augn und Ohren – und a Herz hat für uns arme Leut.
Simon: Wer soll denn des nacha sei?
Kathi: Woaßt as no, was uns im letzten Winter der alte Bartl drunt im Dorf verzählt hat? Allweil hat er gredt, dass er net sterbn mag, bevor er net den »Messias« g’sehng hat mit eigne Augn.
Simon: Der alte Bartl? Der? Ah geh! Der is doch halbert blind und gar nimmer ganz richtig im Kopf! Was der so alles daherredt!
Korbi: Jetzt, wann i net so müad waar, nacha müassat i pfeigrad lacha! Messias? O mei, des werd halt aa so oaner sei als wia der Kaiser von Rom!
Kathi: Na, na! Der alte Bartl woaß vui alte Gschichten. Und der hat g’sagt: »Der Messias wird kommen, der Tag ist nicht weit! Er erlöset die Frommen. Macht den Weg ihm bereit!«
Simon: Geh weiter, jetzt, verstehst, heut und herausd in unserer Wuidnis is koaner da, der wo uns huift. Dei Herr Messias nutzt uns gar nix, wann mia heut Nacht derfriern. Red net so vui, so gscheit daher! Tua liaba mit mir Holz zamm klaubn fürs Feuer.
Korbi: Ja, geht’s no zua! I bleib da und pass derweil auf d’ Schaf auf!
[Simon und Kathi gehen ab, Korbi legt sich nieder.]

SZENE II

[Simon und Kathi kommen mit Klaubholz zurück, Korbi hat sich inzwischen hingelegt und schläft.]
Simon: Ja da schau her, der schlaft!
Kathi: Und schnarcht ganz laut.
Simon: Dem kunnten s’ d’ Schaf dutzendweis davotragn, der g’spannat nix!
Kathi: Stell da vor, wann da a Wolf kam oder gar a Bär! He du, Korbi! [versucht ihn vergeblich zu wecken] Na, so was von am Schlaf!
Gori: [ruft von weitem] Heja! He!
[Simon und Kathi horchen auf]
Simon: [zu Kathi] Du, hast du aa was g’hört? Da schreit doch oana!
Kathi: Wer konn des sei?
Gori: Heja, ös Hüata!
Simon: Des is der Gori! Ja Himme, des wird guat sei, wann der endlich kimmt! [winkt und ruft] Hoja, da san ma!
Kathi: Was geht denn der so langsam?
Simon: Vielleicht hat eahm da Herr so vui zum Essen mitgebn, dass er ’s gar nimmer daziagt!
Gori: [kommt langsam in Begleitung von Maria und Josef auf die Bühne] Ah, da seid’s ja! I hab koa Feuer g’sehng vo weitem, es wird ja scho ganz finster!
Kathi: Wen hast denn da dabei? Des san zwoa ­fremde Leut.
Simon: De hab i da bei uns no nia net g’sehng!
[macht sich am Feuer zu schaffen]
Gori: I hab de zwoa troffen, draußen vor der Stadt. Mei, in der Stadt geht’s zua! Kaam, dass i eini kemma bin zum Haus von unserm Herrn. Die Straßen voller Leut! Des war schia zum Dawuzeln mit meiner schweren Kraxn. Na, so vui Leut! – Und alle schimpfen s’, weil die Wirt koan Platz mehr haben. Und aufn Kaiser schimpfen s’, auf de Steuern und Abgaben und auf de ganze schlechte Zeit. – Und mi haben s’ aa glei g’schimpft, bloß weil i a bisserl später kemma bin. Und der gnä Herr glaubt’s net, dass mia net mehrer Kaasloab zambracht haben! Glei hat er g’schrian, mia hätten d’ Hälfte selber gessen!
Simon: [springt auf] Was? Mia? Selber gessen? Derweil kracht uns der Magn vor lauter Hunger!
Kathi: Der gscherte Kerl! Des is doch bloß a Ausred, dass er uns was vom Brot wegzwicka konn!
Gori: Ja! Grad a so is! Statt vier Loab Brot hat er mia heit bloß drei mitgebn!
Simon: Mei, is der gemein!
Kathi: Und was is nacha mit dene zwoa?
[er deutet schüchtern auf Maria und Josef]
Gori: De hat er nausg’jagt aus seim Haus, grad wia i mi aufn Weg g’macht hab. Er hätt koan Platz! hat er laut gschrian, koan Platz für Leut, de bloß an Arbat macha und nix zahln. Mia haben de zwoa glei so derbarmt. Drin in der Stadt hab i sie aus de Augn verlorn. Doch spater, drauß vorm Tor, da hab i sie wieder troffen.
Kathi: Mia scheint, de Frau is krank. Sie konn ja kaam mehr steh!
Gori: [verlegen] Na, krank net grad. – Mia san halt nacha mitanand ganga. Da hat mia der Mo verzählt, dass sie von weit, von Nazareth herkemma, und dass bald eahna erstes Kindl auf d’ Welt kimmt, und dass für de Frau der Weg scho so vui hart war, und jetza ham s’ koa Herberg!
Kathi: Schnell, leg beim Feuer nach, sie müassen sich aufwärmen!
Simon: [legt einen dicken Prügel ins Feuer] Wann mia halt jetzt a Haus hätten! Und a schöns warms Bett für de Frau.
Gori: [traurig] Des hama net!
Kathi: Mia fallt was ei! Da drent im alten Winterstall, da kunnten s’ bleib’n!
Simon: Der gstrenge Herr derf s’ halt net g’spanna!
Gori: Ah, der hat sein Kopf heut voll mit andene Sachan!
Kathi: Der Stall is warm und Heu is aa gnua drin. Des gibt a warme Liegerstatt.
Simon: Es stehngan ja bloß oa Ochs und der kloane Esel drin. Da is Platz gnua. Du, Gori, zoag eahna den Weg zum Stall. Und gibst eahna aa no a Stückerl Brot mit. Für uns wird’s na scho glanga.
Gori: [geht zu Maria und Josef, spricht leise mit ihnen, gibt ihnen ein Brot und führt sie in die Richtung vom Stall]
Kathi: Mia werdn jetzt aara weni rasten.
Simon: Der Korbi schlaft ja eh scho de ganze Zeit.
Kathi: Was der alls verschlaft! Du, sag amoi! De Frau und aa der Mo, de warn recht wunderli …
Simon: Mhmm, ham gar nix gredt!
Kathi: Und aa nix g’schimpft! Wo s’ unser Herr doch so schlecht behandelt hat!
Simon: So staad war die Frau. Hat gar net g’jammert. [sinniert ein wenig] Geh, leg no beim Feuer nach!
Gori: [Kommt allein zurück] Jetzt finden s’ den Weg zum Stall scho selber, haben s’ gsagt de zwoa. Nacha kinna ma endlich alle schlafa.
Simon: Wer halt heut die Wacht?
Kathi: Zwoa Stund halt i wohl no aus. Derweil werd nacha da Korbi scho wieder munter sei. [zu Simon] Und auf d’ Letzt bist du dro.
Gori: Und i?
Kathi: Du derfst jetzt amoi schlafa in Gotts Nam’! Bist ja heut scho so vui umagrennt.
Gori: [legt sich gleich nieder] Vergelt’s Gott!
[Allmählich lagern alle am Feuer, Kathi bleibt noch eine Weile stehen, reibt sich die Augen, gähnt, setzt sich schließlich nieder und nickt ein. Während dessen Musik und/oder Lieder.]

SZENE III

Chor:[singt] Gloria in excelsis Deo
Korbi: [erwacht als erster, reibt sich die Augen, steht langsam auf, schaut staunend um sich] Ja Himmel, was is des für a Ding? Des is koa Wetterleuchten, is net Blitz und Donner– und blendt doch so in de Augn! Was is des für a Klang, was für a Brausen? Koa Sturmwind is – und reißt mi doch schier um! [er rüttelt Kathi und Simon wach] He, Kathi! Du Simon! Steht’s auf vom Schlaf, schnell, auf, steht’s auf! Hört’s ihr denn net den Klang? Sehgt’s ihr denn net den Feuerschein?
Simon: [fährt erschrocken auf] Was is? Kimmt da der Wolf? Den werd i glei verjagn!
Korbi: Koa Bär, koa Wolf! Großmächtig kimmt’s von da drobn, vom Himmel kimmt des her!
Kathi: O mei, des is ja schier zum Fürchten! De Wolken reißen auf, naa, der ganze Himmel. Korbi, i fürcht mi! Aus is’ mit uns!
Chor: [singt] Ihr Hirten auf dem Feld (Strophe 1 und 2)
Korbi: Was is des für a Red?
Kathi: Wer konn denn des versteh?
Simon: [geht zu Gori, der immer noch fest schläft und weckt ihn auf] Du, Gori, nimmer schlafa! Gschwind, wach auf! Schau nur grad, was da bei uns heut g’schiacht!
Gori: [ganz schlaftrunken] Was weckst mi denn scho auf? Wo i grad so schee tramt hab! Vui Engel hab i gsehn im Traum und g’hört hab i de schönste Musi!
Korbi: Mach d’ Augn auf und schau: Des war koa Traam!
Kathi: Des is alles wirklich wahr! Es sand ja Engel, de zu uns kemma san, und so vui schee singa – für uns!
Chor:[singt] Ihr Hirten auf dem Feld (Strophe 3)

Hirtenmusik spielte auch bei der Aufführung 2007 im ­Prinzregententheater eine wichtige Rolle.
Die Hirtenkinder Kathi Schenker, Korbinian Hohenadl, ­Korbinian Stark und Simon Fichtner (2007).

Bild 1: Hirtenmusik spielte auch bei der Aufführung 2007 im ­Prinzregententheater eine wichtige Rolle. Bild 2: Die Hirtenkinder Kathi Schenker, Korbinian Hohenadl, ­Korbinian Stark und Simon Fichtner (2007).

Gori: Jetzt gehngans wieder nauf in d’ Höh! [ruft ihnen nach] Halt! Bleibt’s doch da! I möchat euern schena Gsang gern no a mal hörn!
Simon: Sie san scho furt …
Kathi: Und den schöner Glanz und Feuerschein hab’n s’ aa mitgnumma!
Gori: Ganz finster is jetzt wieder umadum …
Korbi: Naa, – schaugts nur grad: Oa großer Stern is dabliebn, der glanzt als wia die Sonn!
Gori: Der steht ja akkrat über unserm alten Stall, da wo i de Frau und ihran Mo hing’führt hab!
Simon: Du, was moanst: soll des vielleicht bedeuten …?
Korbi: [schnell, mit plötzlichem Verstehen] Ja, ganz gwiß! Des Kindl, des de liebe Frau tragn hat, des Kind, des heut Nacht da drin auf d’ Welt kemma is: Des is da Messias!
Kathi: Unser Herr und Gott! Der Heiland, von dem der blinde Bartl allerweil gredt hat …
Gori: Messias, unser Retter … So haben’s de Engel g’sagt!
Korbi: Und no was haben’s g’sagt: »Eilet ­geschwind!«, haben’s gsagt! »Suchet das Kind!«, haben’s gsagt! Ja, kemmt’s no grad! Teat’s net so lang sinniern und ummasteh! Auf! Geh ma schnell hi zum Kind!
Simon: [zu Korbi] Gell, jetzt bist nimmer müad!
Korbi: Wia sollt ma da no müad sei? In so a Nacht? Kemmt’s, gschwind! Gehn ma glei!
Kathi: Halt, halt! Wuist du mit laare Händ vorm Kindl steh? Ganz ohne Weisat, ohne Gschenk? Des waar a Schand!
Simon: Mia habn doch nix, was mia dem göttlich Kind, dem hohen Herrn verehren kunnten!
Kathi: Der »hohe Herr«, Messias, der liegt als kloanes Kind im Stall! Wann i des aa durchaus no net versteh konn, dass er so arm da liegen muass, oans woaß i gwiß: A weng a Muich, an Butter und an Kaas, des könnan s’ allweil braucha!
Gori: An Kaas? Den habn ma doch allsamt abgliefert!
Kathi: Ha! Nacha nehma halt den frischen! Und wanns unsern gnädigen Herrn zreißt, den alten Geizkragn! Heut fürcht i mi vor nix und vor neamand – und vor dem scho glei gar net!
Korbi: I hab a wenig an Honig. Da wird des Kinderl schlecka!
Gori: I schenk eahm mei Schafifell, des is schee weich und warm, damit’s des Kinderl ja net friert.
Simon: Und oan Loab Brot! Für d’ Frau und ihran Mo …
Kathi: Und wann ma nacha dortn stengan beim Kind, na tean ma glei a Musi spuin …
Gori: … und singan dazua a Liadl! Des geht vui leichter als was redn!
Simon: Na hörn’s glei alle, wia’s uns gfreit, dass heut der Heiland is geborn!
Korbi: Des sollt ma aber scho a moi probiern: Sonst patz ma recht – des waar a sauberne Blamage!
Kathi: Hast recht! I nimm mei Geign und du de Flöten, na find ma scho den rechten Ton!
[Kathi und Gori probieren eine kleine Hirtenmusik im langsamen Tempo]

Korbi: … net schlecht, bloß no a bisserl lätschert! Des Kindl soll doch lacha und a Freud ham an dera Musi, des muass scho no a weni frischer toa! Schau, so: …
[Er nimmt seine kleine Ziehharmonika und spielt die Melodie frischer.]
Simon: Genau, jetzt wird’s guat! Glei no amoi! [Er nimmt den Hirtenstecken und klopft den Rhythmus mit. Alle zusammen singen ein fröhliches Hirtenlied!]
Alle: [singen] Heissa Buam, des is a Freud …

Simon: Jetzt konn ma’s lassen! Grad so muass klinga für des liabe Kind!
Kathi: Na kenn ma endlich geh?
Gori: Ja, gschwind!
Korbi: Guat, na pack ma zam und gehn ma hi zum Stall!
[Während Musik gespielt wird, packen sie alles ein und gehen ab.]

Die drei Pagen wurden 2007 von Vanessa Rath, Julian Keller und Leopold Sattler dargestellt.

SZENE IV

[Drei orientalisch gekleidete Kinder gehen suchend im Raum umher, treffen sich schließlich in der Mitte der Bühne, begrüßen sich feierlich, Verneigung etc.]
Page 1: Ich habe keine Spur von unserem Stern gesehen. Der Stern, dem wir soweit gefolgt sind, ist nun fort, verschwunden …
Page 2: [setzt sich traurig auf die Erde]
Jetzt haben wir den Stern verloren, den guten hellen Stern, der uns so treu geführt hat lange Zeit!
Page 3: Wir traurig werden unsere Herren sein, wenn wir zu ihnen kommen und keine gute Nachricht bringen.
[Die vier Hirtenkinder kommen aus der Richtung des Stalles zurück. Sie reden laut und fröhlich durcheinander.]
Korbi: Mei is des Kinderl liab!
Gori: Und so vui kloa!
Simon: Hast de kloan Handerl gseng, die winzigen Zeha!
Kathi: Und schö hama gspuit und gsunga – mei wia si da alle gfreut haben!
[Plötzlich bemerken sie die drei fremden ­Pagen und bleiben erschrocken stehen!]
Korbi: Alle guaten Geister – was is denn des?
Simon: De schaugn ja aus wia de Kaschperl, so bunt und gscheckert!
Gori: [zupft einen am Gewand, geht um ihn ­herum, mustert ihn kritisch] Ha, Engel san des net! De waarn scho lang davogflogn!
Kathi: Wo kemmt’s denn ös daher, so mitten bei der Nacht?
Page 2: [verneigt sich tief] Seid uns gegrüßt, ihr freundlichen Bewohner dieses Landes!
Simon: Verstehst du den? Der redt so g’schwolln daher!
Page 3: [verneigt sich ebenfalls ganz feierlich]
Wir kommen aus einem fernen Land. Wo die Sonne am Morgen aufsteigt, dort sind wir zuhause.
Page 1: Wir dienen weisen Herren, die aus den ­Sternen die Wahrheit erkennen, sie lesen am Himmel wie aus einem Buch …
Korbi: De redn scho arg verdraht daher! Versteht’s ihr was?
Kathi: Mei, höchstens d’ Hälfte!
Page 2: Freundliche Einwohner dieses Landes, wie lautet euer Name? Wie heißt die Stätte eurer Geburt?
Korbi: Ha?
Gori: Was sagst?
Kathi: I glaub, de möchten wissen, wer mia san und wia mia hoaßen? [die Pagen zucken mit den Schultern, Kathi übersetzt:] Wie – wir heißen – und – wo – wir – her – sind.
[die drei Pagen nicken mit den Köpfen]
Ja mei: mia san halt Hüata aufm Feld und schaugn auf d’ Schaf und d’ Goaßen! [die drei Pagen schauen sich ratlos an, drum versucht sie’s ganz langsam auf »hochdeutsch«] Mia – Hirten – hüten – Schafe – und – Geißen. – Habt’s des verstanden?
[sie nicken wieder]
Korbi: Und was treibt euch da ummanand?
Pagen: [verstehen wieder nichts]
Simon: [hilft beim »Übersetzen«] Und was trei – bet euch da um–ein–an–der?
Page 2: Wir suchen einen Stern!
Page 3: Und einen neugeborenen König!
Page 1: Den Fürst des Friedens!
Page 2: Ein heller Stern hat uns geführt in dieses fremde ferne Land, denn hier soll geboren sein ein König. Groß an Macht und Herrlichkeit, der allen Menschen Glück und Frieden bringt.
Page 1: Und unsere Herren, die weisen Magier aus dem Morgenland, wollen dies Kind verehren und reich beschenken.
Page 3: Doch in der Stadt Jerusalem ist uns der Stern erloschen.
Page 2: Nun haben unsere Herren uns ausgeschickt, das edle Kind zu suchen.
Simon: Wann i des recht begreif …
Kathi: Ja, ja mia kimmt des aa so vor!
Gori: I glaub, de wolln am End zu unserem kloana Kindl, dem Herrn und Gott im Stall! [zu den Pagen] Da könn ma eich scho helfa!
Korbi: [übersetzt] Da kön – nen wir euch schon hel – fen!
Gori: Ja freilich, mia wissen, wo der neugeborne König is. Mia warn ja grod erscht dort – wir wa – ren ja ge – ra – de dor – ten!
Page1: Könntet ihr uns den Weg dorthin zeigen?
Simon: [leise zu seinen Kameraden] Moanst, des san brave, ehrliche Leut?
Kathi: I glaab scho! Wann’s doch a guata Stern da her gführt hat! Geht’s weiter, pack mas mitanand!
Korbi: [übersetzt] Geht nur mit uns! Wir führen euch!
Page2: Wie können wir euch nur danken?
Korbi: Brauchts net, des mach ma gern!
Gori: Mei da wird sich des Kindl gfrein, wann mia scho wieder kemma …
Simon: … und no an Bsuach mitbringa!
Kathi: Und eure noblen Herrn könnt’s nacha den Weg glei selber zoagn. [wechselt wieder ins hochdeutsch] Ihr könnt ihnen den Weg sel – ber zei – gen, dann wisst ihr ja, wohin es geht!
Page 1: Wir danken euch von Herzen!
Page 3: Ihr macht uns überglücklich!
Korbi: Woaßt, was mi wundert? De drei kemman von soweit her und doch ham mia uns glei verstanden!
Gori: In so a Nacht, da braucht oan nix wundern!
Kathi: Es is ja doch de ganze Nacht oa Wunder!
[Die Hirten gehen mit den Pagen zusammen zum Stall.]

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