LAUTyodeln heißt ein Festival, das – initiiert vom Fachbereich Volkskultur des Münchner Kulturreferats – letztes Jahr zum dritten Mal in der bayerischen Landeshauptstadt stattfand und bisher immer auf einer CD dokumentiert wurde. Gerade ist nun das Album mit den Live-Aufnahmen von 2024 erschienen, das – wie schon die beiden Vorgänger – das Jodeln in seiner ganzen Vielfalt zeigt. Dabei kommen diese Mal vor allem Gruppen zum Zuge, die den überschlagenden Gesang in aktuelle populäre Musikstile integrieren.
Als echte Überraschung erweist sich das A-Capella-Ensemble Stimmreise.ch, das aus vier hochkarätigen Schweizer Vokalistinnen besteht. In beeindruckender Manier spannt das Quartett den Bogen von traditionellen Jodelliedern zu modernen Vokalstilen, wobei die Symbiose mit ungeheurer Akkuratesse und viel Kreativität und Fantasie gelingt. Ernst Molden, begleitet von Maria Petrova am Schlagzeug, setzt andere Akzente. Der Gitarrist ist die österreichische Version eines amerikanischen Singer-Songwriters. Er gibt mit viel Witz, Charme und großer Fabulierkunst einige Jodel-Songs aus der Schatztruhe des amerikanischen Südens zum Besten. Ob Klassiker wie St. James Infirmary oder Yodeling Songs des Hillbilly-Sängers Jimmie Rodgers, in Moldens freien Übertragungen erleben die Songs eine geglückte Wiederauferstehung im Weaner Dialekt.
Nicht aus der Großstadt, sondern aus den Bergen, kommt die Gruppe Ganes der Schwestern Elisabeth und Marlene Schuen. Begleitet von Violine, Gitarre, Tuba und Schlagzeug, singen die beiden ihre feingewobenen Lieder in ladinisch, einer alten Sprache aus den Dolomiten. Der Titel La Stria entführt in verwunschene Bergwelten, wo Fabelwesen hausen. Mit dem Hiatamadl-Lied beweist die Gruppe allerdings auch, dass sie ziemlich kompetent zu jodeln vermag.
Vor Vitalität strotzt Opas Diandl aus Tirol, ein Quintett, dessen Musik von großer Originalität zeugt. Am deutlichsten kommt diese Eigenart der Gruppe im mehrstimmigen Gesang und der kraftvollen Begleitung durch die Saiteninstrumente zum Ausdruck, was einem Jodel-Song wie Honde N-Da-Da eine ziemliche Wucht verleiht. Eingerahmt wird das Ganze von zwei Songs der Gruppe Vue Belle, einem Ensemble von Geflüchteten, das zusammen mit der Vokalistin Anna Veit den Brückenschlag zwischen afrikanischem Highlife-Musik und alpinem Gesang wagt, wobei sich das Jodeln abermals als äußerst flexibles musikalisches Medium erweist.
Christoph Wagner
Trikont | Unsere Stimme. Das wahrscheinlich älteste Indielabel
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