Er war die Ikone des Wiener Knöpferlharmonika-Spiels: Parade Wiener war er sicher nicht, der zurückhaltende Virtuose der selbst erwählten zweiten Reihe. In Wien wurde er als Kind des Staatswissenschaftlers und bekannten Kernenergiegegners gleichen Namens und einer musikalischen norddeutschen Mutter geboren und besuchte zwischen 1971 und 1982 in Bremen und Wien die Schule.
Er lernte Cello und entschied sich für den Beruf des Buchhändlers. Durch Zufall geriet ihm eine steirische Harmonika in die Hände, mit der er bald auf Hochzeiten und in Fußgängerzonen spielte. Bis er 1983 auf Roland Neuwirth traf, der ihn überredete, die chromatische Wiener Knöpferlharmonika zu erlernen: In wenigen Wochen fuchste Soyka sich in das völlig andere System hinein, sodass er bereits zum nächsten Konzert an der Seite von Neuwirth spielte, der dem bis dahin verstaubten und verkitschten Wienerlied den Blues injizierte. Der authentische, traditionelle Anteil der Neuwirth’schen Extremmschrammler kam zwanzig Jahre lang aus Soykas Harmonika.
Seine zurückgezogene und kluge Art, mit Menschen und Musik umzugehen, prädestinierte ihn auch für die Tätigkeit des Musikproduzenten. 1993 gründete er sein eigenes Label, Non Food Factory. Wollte man selbst ein Interview mit ihm führen, musste der Pegelregler immer bis auf Anschlag aufgedreht werden, so leise sprach er. Was er aber sagte, ließ immer aufhorchen. Vielleicht wollten deshalb auch fast sämtliche Granden der Wiener Szene wie Willi Resetarits, Ernst Molden, Hannes Wirth oder die Herzschrammeln mit ihm arbeiten.
Soyka ordnete sich musikalisch gern ein, mit stilistischem Under-Statement. Als einen seiner liebsten Mitspieler bezeichnete er den Zitherspieler Karl Stirner, mit dem ihn die Liebe zu sehr inniger, aber aussagekräftiger Musik verband. Auch mit seiner 2023 verstorbenen Lebensgefährtin, der Geigerin Martina Rittmannsberger, musizierte er gern auf seine und ihre unprätentiöse Weise. Seine Musik und sein Charakter waren vielleicht vorgezeichnet durch den slawischen Namen. Soyka bedeutet: „sein wie ein Eichelhäher“. Ein Vogel, dessen Eigenschaften mit Anpassungsfähigkeit und Vielseitigkeit umschrieben werden. Der Eichelhäher symbolisiert auch den Ruf nach Wissen und Weisheit.
Walther Soyka, der Meister der leisen und unverzichtbaren Wiener Töne, starb am 26. März infolge eines Krebsleidens.
Ulrike Zöller
Foto: Stephan Mussil
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