Text: Leah Maria Huber Fotos: Die Fotografen, Marco Riebler, Wiltener Sängerknaben, Guido Werner, Linda Gschwentner, G. Gang, Wilhelm Maier
Darin sind sie sich einig: »Es keat oanfach viel mehr g’sungen!« Die Stimmen aus Nah und Fern, aus der alpenländischen Volksmusik und den Weiten des klassischen Gesangs, Kinder und Erwachsene, die mit Kindern arbeiten. Warum sie selbst singen, was das Besondere am Singen ist und welchen Bezug sie zur alpenländischen Volksmusik haben, das hat Leah Maria Huber – Studentin für Medizin und Violine und begeisterte Sängerin – sie gefragt.
»Ich komme immer mehr drauf, wie wichtig das Singen im Leben eines Musikanten ist. Aktuell sing ich gern für meine kleine Tochter – und hoffe, dass dies beruhigt. Die Stimme ist ja bekanntlich das erste Instrument, das man im Leben bekommt und so denk ich, ist das Singen auch am besten geeignet, für die musikalische Basis zu sorgen. Ich hatte das Glück, dass wir in der Familie immer wieder gesungen haben, denn so bekommt man auf natürlichem Weg ein Gefühl für die Naturgesetze der Musik. Natürlich kann man diese später auch in Tonsatz oder Harmonielehre lernen – doch angenehmer ist’s, wenn man diese Regeln auch spürt!«
»Ich habe mein liebstes Hobby zum Beruf gemacht. Beim Singen bin ich selbst das Instrument. Ich bin verpflichtet, es – also mich – gut zu behandeln, aufmerksam zu sein, ständig an und mit mir zu arbeiten. Meine Mutter ist mit mehrstimmiger Volksmusik und der Kirchensingertradition aufgewachsen und hat das an uns Kinder von klein auf weitergegeben. Zusammen mit meiner großen Schwester und meinen Eltern habe ich seit ich denken kann im Trio gesungen. Mit Anfang 20 begann ich mit klassischer Stimmbildung und studierte dann Gesangspädagogik in Innsbruck. Ich könnte ganz viele positive Dinge aufzählen, die mir die Volksmusik für mein professionelles Sängerleben gebracht hat. Aber am Schönsten ist es, wenn jemand spontan ein Lied anstimmt und ich einfach dazuterzeln kann. Dann fühle ich mich daheim.«
»Der Gesang ist mein Lieblingsinstrument! Durchs Singen kann man Menschen noch viel stärker erreichen als durchs Musizieren. Ich habe von klein auf immer mit meinen Eltern gesungen. Nach ein paar Rollen im Kinderchor des Landestheaters Linz habe ich Lunte gerochen und mein Gesangsstudium begonnen. Es war nicht immer einfach, den Volksmusikgesang und den klassischen Gesang zu vereinen, aber als ich später zu meinem letzten Lehrer Robert Kreutzer gekommen bin, hat dies dann endlich gut geklappt, weil ich bei ihm gelernt habe, die Stilrichtungen zu trennen und in jedem Stil die passenden Elemente einzusetzen. Heute widme ich mich vorwiegend alten Schlagern, Wienerlied, Jazzstandards und natürlich der traditionellen Volksmusik. Neben den alten Schlagern gibt’s fast nix Befreienderes für mich als mit Freunden, die auch eine kräftige Stimme haben, einen Jodler so richtig rauszulassen. Wenn man nichts zurückhalten muss und einfach drauflos Jodeln kann – das macht richtig Spaß!«
»Wir vier Cousinen sind leidenschaftliche Sängerinnen und begleiten uns gerne selbst auf unseren Instrumenten. Da zu jedem Anlass ein passendes Lied gefunden werden kann und wir auch Instrumentalmusik machen, ist die Abwechslung immer groß. Magdalena Außerlechner unterrichtet uns und gibt uns wertvolle Impulse. Das Hauptaugenmerk dabei liegt auf der traditionellen Volksmusik, aber auch moderne Stücke finden in unserer Gruppe Platz. Gesungen wird in unseren Familien schon seit klein auf: Zusammen mit den Eltern wurden schon Messen gestaltet, da konnten die Jüngsten noch nicht einmal lesen. Das tragen wir gerne weiter: In unserem Dialekt zu singen und Feiern mit unserer Musik zu umrahmen und zu beseelen macht uns Spaß und Freude!«
»Die Beschäftigung mit Stimmen nimmt den weitaus größten Teil meiner beruflichen Tätigkeiten ein. Es ist für mich faszinierend mit jungen Menschen zu arbeiten, sie stimmlich vom Kindergarten- bis ins Erwachsenenalter zu begleiten und auszubilden. Bei jungen Stimmen fange ich sehr gerne mit alpenländischen Volksliedern an. Durch den Dialekt ist die Sprache der Lieder vielen Kindern näher und vertrauter, was einige stimmliche Hürden von vornherein ausräumt. Kinder und Jugendliche haben oft noch die bessere Körperhaltung und weniger Verspannungen als Erwachsene, sie sind sehr aufnahmefähig, lernen schnell und nehmen vieles sehr selbstverständlich und unkompliziert und manchmal auch unreflektiert an. Deswegen hat man als Gesangslehrer von Kindern, Pubertierenden und Jugendlichen auch eine wirklich besonders große Verantwortung! Zum Singen gekommen bin ich über die Kirchenmusik. Ich liebe authentische, ausdrucksvolle und zu Herzen gehende Volkslieder, sie sind ein wesentlicher Bestandteil unserer kulturellen Identität und gehören gepflegt und weitergegeben.«
»Gesungen habe ich eigentlich schon immer, alle möglichen Richtungen. Eines Tages, in meinem Maturajahr hat mir meine Schwester ein Album mit Schubert-Liedern gebracht und gesagt: Du singst doch auch gerne, probier das doch einmal aus. Die Musik hat mich dann sofort gepackt. Wenige Monate später war ich dann schon am Mozarteum als Studierender. Das Besondere am Singen ist für mich, dass man selbst das Instrument ist. Das ist gleichzeitig das Gute und das weniger Gute daran. Zum einen kann man dadurch das Publikum sehr unmittelbar berühren, zum anderen aber ist man dadurch auch etwas anfällig … Selbst jetzt im Corona-Lockdown nahm das Singen bzw. das Repertoirestudium und Üben einen großen Teil meines Tagesplans ein. Das ist glaube ich ein bisschen wie bei einem Sportler; als es wieder möglich war öffentlich aufzutreten, mussten die Stimmbänder halbwegs in Form sein. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der Musik immer schon eine unglaublich wichtige Rolle gespielt hat. Allem voran die echte Volksmusik. Der Tatsache, dass meine Eltern alles Mögliche und Unmögliche getan haben, um meinen Schwestern und mir eine musikalische Ausbildung zu ermöglichen, verdanke ich fast alles was ich erleben und erreichen durfte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie auch die »zwiefach« lesen, deshalb: Danke! Ihr seid die Besten!«
»Musik spielt generell eine wichtige Rolle in unserem Leben. Wir sind alle vier schon seit unseren Jugendjahren bei der Bundesmusikkapelle Brandenberg – Lukas mittlerweile sogar als Kapellmeister. 2009 gründeten wir eine Anklöpfler-Gruppe, seit 2012 sind wir auch das restliche Jahr gesanglich unterwegs. ›Musik verbindet.‹ Nach diesem Motto gestalten wir unseren musikalischen Alltag. Ob im Wirtshaus oder auf der Alm, das Miteinander steht im Vordergrund. Als Namen unserer Sängergruppe wählten wir jenen Ort, an dem wir die meisten Gesangsstunden abhielten: unseren Stammtisch. Im Sinne der Freude und Gaudi, die am Stammtisch vorherrschen, leben wir unsere Beziehung zur alpenländischen Volksmusik.«
»Inso drei Soprane, inso drei Frauen, inso drei Stimmen aber auch inso drei Meinungen, inso drei Himmelsrichtungen, inso drei Musikschullehrerinnen mit einer gemeinsamen Liebe: gepflegte Dreistimmigkeit in Form von neuen und überlieferten Liedern, Jodlern und … Unser Hauptaugenmerk liegt auf dem Erhalten der Singfreude in uns und unseren singenden Schülern und Freunden. Es ist uns wichtig, dass das Singen, Tönen und Juchzen als ureigenster Ausdruck der Lebensfreude zum Menschen gehören darf. Inso Drei pflegt das alte und neue Volkslied in geistlicher und weltlicher Gattung, praktiziert die klassische Vokalkunst und öffnet sich gerne auch dem zeitgenössischen Lied. Kurzum, wir probieren, diskutieren, gustieren, komponieren, verwerfen, zerpflücken, verbinden, variieren so ziemlich alles. Singen bedeutet für uns: Luft, aus reiner Freude in Töne zu verwandeln, drei Stimmen in die gleiche Schwingung zu bringen, eine besondere Stimmung herbeizuzaubern und beim Zuhörer etwas zu bewirken. Wir singen: aus Überzeugung, für Hunger und Durst, damit es uns gut geht, weil es in den Ohren kitzelt, wenn ein Jodler perfekt dreistimmig klingt, weil wir gerne auf den Spuren unserer Vorfahren wandern, um Menschen zu erfreuen, und … aus noch mindestens zehn anderen Gründen!«
»Singen ist mein Leben! – sowohl beruflich als Konzertsänger und Gesangslehrer als auch hobbymäßig beim mehrstimmigen Singen von alpenländischen Volksliedern mit meiner Familie. Singen stellt für mich die persönlichste und ureigenste Ausdruckskraft des Menschen dar; die Singstimme ist das Spiegelbild der Seele! Sie ist das erste Musikinstrument des Menschen und unverwechselbar und einzigartig, jede Stimme gibt es nur einmal. Ich habe als Kind bereits als Solo-Sopran im Knabenchor des Borromäums Salzburg gesungen und absolvierte nach der Matura ein klassisches Gesangsstudium zunächst am Mozarteum Salzburg und anschließend an der Hochschule für Musik und Theater in München. Mittlerweile habe ich – nicht zuletzt durch das Musizieren in der Familie – für mich die Erkenntnis gewonnen, dass es ohne Volksmusik keine Kunstmusik geben würde. Der Ursprung jedes Musizierens und Singens liegt nämlich meiner Meinung nach in der Improvisation, im freien Spiel und Singen wie es eben in der Volksmusik üblich ist.«
»Singen kann man überall und jederzeit. Ich habe mein Instrument, meine Stimme immer dabei und immer griffbereit. Und genau das ist das Geniale daran. Die Stimme ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, des eigenen Charakters und lässt einen Einblick in dein Innerstes zu. Genau dieses Preisgeben der innersten Gefühle macht das Singen aus. Man muss dabei aber ein aufmerksames Hören zulassen. Es ist fast so, wie ein Mitteilen eines Geheimnisses. Für dich allein, aber auch für Zuhörer. Meine Mutter hat mit uns Kindern immer gesungen und ich wiederum mit meinen Kindern (meistens beim Autofahren). Dabei waren Volkslieder der Renner. Volksmusik passt eigentlich überall und immer, denn sie ist vielfältig und für jeden Anlass gibt es die passenden Lieder. Im Laufe meines Lebens bin ich vielen Stilrichtungen begegnet – beim Studium, Fortbildungskursen, Seminaren. Die Volksmusik begleitet mich jedoch am öftesten und auch am längsten.«
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