editorial

zwiefach #04-2024

3. Juli 2024

Lesezeit: 2 Minute(n)

»Drückt’s dich wo, sing dich froh!«

Volksmund

Liebe Sänger & Musikanten,
liebe Leserinnen & Leser!

Seit 1988 setzt das Münchner Tollwood-Festival alljährlich Akzente für die Kunst- und Kulturszene Bayerns. Auch heuer haben sich die Organisatoren wieder einen besonderen Programmpunkt einfallen lassen: Ein Festival singt! Das Festival hält abends inne, um gemeinsam die Stimme zu erheben. Auf dem Festivalgelände verteilen sich verschiedene Chöre, die den Gesang in der Menge anführen und alle mitreißen, um mit den Besuchern den Olympiapark gemeinsam zum Klingen zu bringen. Alle Menschen sind aufgefordert mit einzustimmen – dort, wo sie gerade stehen oder sitzen oder im Gemeinschaftschor im Amphitheater. Angestimmt werden Lieder für Frieden und eine lebenswerte Welt. Was für eine berührend schöne Idee!

Hoffentlich klappts – ach bestimmt klappts! Warum ich mir so sicher bin? Weil Musik und besonders Singen ansteckend wirken und immer irgendwie auch Balsam für Körper und Seele sind. Und gerade ein klingendes Gemeinschaftserlebnis tut uns Menschen gut, das ist im Fußballstadion nicht anders als in der Chorprobe oder mit dem Dreigsang auf einer Alm. »Kein anderer akustischer Reiz kann so starke Emotionen auslösen wie eine ausdrucksvolle Singstimme.«, erklärt Prof. Dr. Eckart Altenmüller, Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Schwitzen, Herzrasen, ein Kloß im Hals, Gänsehaut oder auch ein Schauer über den Rücken das sind Erlebnisse, die durch Singen ausgelöst werden können. Gemeinsam die gleichen Emotionen zu empfinden verstärkt die eigenen Emotionen um ein Vielfaches.

Offensichtlich macht Singen glücklich. Kein Wunder also, dass wir Lust auf Singen verspüren. Dr. Stefan Kölsch, seines Zeichens Professor für biologische Psychologie, medizinische Psychologie und Musikpsychologie an der Universität Bergen, liefert in seinem lesenswerten Buch Good vibrations. Die heilende Kraft der Musik, anschaulich und mit einer Vielzahl an Studien untermauert, zahlreiche konkrete Tipps, wie jeder von uns mit Musik im Alltag sein Wohlbefinden unterstützen und fördern kann. Singen spielt dabei eine ganz zentrale Rolle!

Warum man ausgerechnet jetzt, in einer Zeit, in der herausragende Wissenschaftler so viel Konkretes über den besonderen Wert von Musik für den Menschen, seine Gesundheit und seine Persönlichkeitsentwicklung erforschen und publizieren, an dessen Bedeutung für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen zweifelt, bleibt mir unverständlich. Eigentlich ist längst klar, dass es an dieser Stelle ein Umdenken, wenn nicht gar eine Kehrtwende braucht. Schade, dass niemand der in der Verantwortlichen den Mut dazu aufbringt.

Nehmen Sie Ihr Glück also in die eigene Hand oder besser in den Mund! Ich wünsche Ihnen einen klingenden Sommer, stets mit einer schönen Melodie im Ohr oder einem netten Gsangl auf den Lippen!

Ihr Roland Pongratz

[Sie finden die Ausgabe #4-2024 der  »zwiefach« hier im Archiv]

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