Text: Leonhard Meixner Fotos: ZeMuLi
Von den blauen Bergen kommen wir. Unser Lehrer ist genauso blöd wie wir …« Dieses Lied habe ich selbst als Kind gerne gesungen. Und grad lustig wars, wenn wir Kinder alle zusammen diese Zeilen angestimmt haben. Dieses und noch viele andere Kinderlieder mit der vielleicht ein oder anderen provokanten Zeile hat uns im Kindesalter immer am besten gefallen. Ein Beispiel wäre da noch das Lied Herr Meier kam geflogen. Hier haben wir uns als Kinder regelrecht kaputtgelacht, wenn Herr Meier in der letzten Strophe das Hinterteil der Sau im Stall liebkoste.
Singen als Grundelement des kindlichen Seins
Vielleicht geht es Ihnen auch so, dass Sie sich gerne an die Kinderzeit zurückerinnern und Ihnen wieder viele Lieder und Melodien aus dieser Zeit einfallen. Das, was man als Kind gelernt hat, ist oft bis ins hohe Alter abrufbar. Das Singen im Kindesalter wirkt sich positiv auf das Gedächtnis aus. Kinder können sich oft sehr schnell verschiedene Liedstrophen merken. Man kann also das Erlernen von Liedern als Gedächtnistraining bezeichnen, besonders wenn man als Kind einen reichen Schatz an Liedern vermittelt bekommt: sei es durch das Elternhaus, den Kindergarten, in der Schule oder im Kinderchor.
Das Singen und die damit verbundene Musikalität beginnt schon vor der Geburt. Im Mutterleib hört das ungeborene Baby schon mit, was sich »draußen« so abspielt. In Schwangerschaftsratgebern wird beispielsweise empfohlen, sich eine Spieluhr auf den Bauch zu legen. Das Baby soll durch die Musik beruhigt werden. Auch nach der Geburt könne sich das Neugeborene an die Melodie erinnern. Natürlich funktioniert das auch ohne Spieluhr. Mütter und natürlich auch Väter können beispielsweise auch während der Schwangerschaft Schlaflieder singen oder summen. Von Schlaf Kindlein, schlaf über Weißt du, wieviel Sternlein stehen bis Guten Abend, gut Nacht dürfte es Eltern nicht schwer fallen, das passende Lied für das Einschlafritual ihres Nachwuchses zu finden.
Das Vorsingen ist daher so wichtig, da Kinder nach dem Prinzip der Nachahmung lernen. Kinder können schon singen, bevor sie den ersten Satz bilden können. Das Singen begünstigt das Tempo des Spracherwerbs. Kinder können schon mit rund zwei Jahren einfache Melodien singen. Sie erfinden im weiteren Verlauf Melodien und Texte. Wobei die Texte für Eltern oft keinen Sinn ergeben. Dadurch werden aber viele Eigenschaften in hohem Maße entwickelt: Kreativität, Fantasie, Wortschatz, Aussprache und vieles mehr. (Quelle: www.kindergartenpaedagogik.de)
Eltern, die ihren Kindern vorsingen, können diese auch in ihrer emotionalen Welt sehr unterstützen. Singen kann Ängste vertreiben, Mut machen, beruhigen oder auch aufmuntern.
Kinder entdecken ihre Stimme auf spielerische Weise. Jeder Mensch hat die Veranlagung zum Singen. Es ist bei allen gleich. Viele Eltern behaupten von sich, sie seien nicht musikalisch oder können nicht singen. Jedoch ist es nicht wichtig, besonders musikalisch zu sein oder gut zu singen. Ein Schlaf Kindlein, schlaf ist im Fünftonbereich auch gut singbar. Selbst wenn nicht jeder Ton stimmt. Falsch zu singen ist immer noch besser als nicht zu singen. Das Singen ist ein Gut, das uns Menschen als ureigenste Form kreativen Ausdrucks mitgegeben wurde.
»Falsch zu singen
ist immer noch besser
als nicht zu singen.«
Singen im Kindergarten und in der Schule
Durch die Einschränkungen während der Corona-Pandemie wurde vielen vor Augen geführt, wie wichtig das Miteinandersingen ist. Besonders in Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen war dies ein enormer Einschnitt in musikalische Morgenrituale oder andere Singaktivitäten. Wir von der Volksmusikpflege des Bezirks Oberbayern haben uns deshalb mit einem konzentrierten Fortbildungsprogramm dem Thema Singen in der Schule und im Kindergarten sowie Singen mit Kindern gewidmet.
Die beiden Fortbildungsformate sollen Lehrkräften, Erzieherinnen und Erzieher, sowie Eltern und interessierten Personen neue Impulse und Anleitungen zum Singen mit Kindern geben. Für das Singen in der Schule braucht es die Initiative der Lehrerinnen und Lehrer. Denn Singen ist eines der wichtigsten Instrumente der kreativen Ausdruckskraft und ein innerliches Gesundheits- und Wellnessprogramm für uns alle.
In der Fortbildung Singen in der Schule und im Kindergarten lernen Teilnehmende den richtigen Umgang mit der Kinderstimme und Stimmbildungsübungen für die Sprech- und Singstimme. Es werden Wege gezeigt, wie man Kinder spielerisch ihre eigene Stimme entdecken lässt. Dazu werden Methoden und Herangehensweisen für die Erarbeitung eines Liedes ausprobiert. Es wird passende Literatur entsprechend der Altersstufen verwendet. Außerdem gibt es wertvolle Tipps für die Praxis.
Die Kernfrage hinter allem heißt: »Warum ist Singen so wichtig?« Und im Besonderen: »Warum ist das Singen mit Kindern so wichtig?«
Singen …
- … schafft Identität (Kennenlernen regionaler Lieder und Singen im Dialekt)
- … stärkt das Immunsystem
- … bringt den Kreislauf in Schwung
- … macht schlau
- … verbessert Ausdrucksfähigkeit und Sprache
- … macht glücklich
- … verbindet
- … ist ein Gemeinschaftserlebnis
- … ist Heilmittel für die Seele
- … baut Aggressionen ab
- … hilft gegen Angst
Die Liste der positiven Auswirkungen des Singens kann noch um viele Punkte ergänzt werden.
Singen mit Kindern verbessert die verbale Ausdrucksfähigkeit, schult das Verständnis für Grammatik und Satzbildung, verbessert die Kommunikationsfähigkeit und begünstigt die Sprachentwicklung sowie das Kennenlernen anderer Sprachen. Und außerdem macht das Singen mit Kindern großen Spaß.
Wenn Sie sich für unser Fortbildungsprogramm Singen in der Schule und im Kindergarten oder Singen mit Kindern interessieren, dann berät Sie unsere Mitarbeitende Stephanie Wagenstaller (stephanie.wagenstaller@bezirk-oberbayern) gern.
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