Text: Franz Peter Fotos: Dietmar Manzenberger, Marcel Peda
Seit Anfang 2023 läuft an der Volksmusikakademie in Bayern unter Federführung des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e.V. das Bildungsprojekt Regionale Musik für alle. Quasi als Erweiterung zu dem 2020–2022 vom Bezirk Niederbayern durchgeführten Pilotprojekt Volksmusik macht Schule! ermöglicht eine großzügige Förderung aus Mitteln des Kulturfonds Bayern (Bereich Bildung) des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus die Weiterentwicklung. Innerhalb kürzester Zeit konnte so ein niederschwelliges, ganzheitliches musikalisches Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche im Klassenverband, Senioren, Menschen mit Behinderung, Vorschulkinder, Familien sowie Erzieher, Lehrkräfte und Multiplikatoren etabliert werden.
Das Konzept: einfach genial!
Im Rahmen ein- oder mehrtägiger Aufenthalte an der Volksmusikakademie in Bayern sammeln Teilnehmende aus ganz Bayern Wissenswertes aus dem Bereich Volksmusik und regionaler Kultur, erforschen sprachliche Besonderheiten und machen vor allem gemeinsam Musik. Unter der Anleitung ausgebildeter und erfahrener Referenten werden Laune machende Einheiten mit den Schwerpunkten Singen, Tanzen, Musizieren durchgeführt. Die Angebote werden speziell für die jeweilige Zielgruppe, die Aufenthaltsdauer und die Gruppenstärke ausgearbeitet. Die Musikeinheiten sind so konzipiert, dass für die Teilnahme keine musikalische Vorerfahrung nötig ist.
Für die Konzeption und Durchführung der Angebote wurde beim Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e.V. eine Halbtagsstelle mit Dienstsitz Freyung geschaffen, die durch den Musikpädagogen Dominik Hilgart bekleidet wird. Mit großer Freude und Motivation gibt er seither seine vielfältigen Erfahrungen aus langjährigem Instrumentalunterricht, den Bereichen Klassenmusizieren und Ensemblespiel sowie einer berufsbegleitenden Weiterbildung zur Musiklehrkraft für Menschen mit Behinderung weiter. Um bei großen Gruppen effektiver arbeiten zu können und um die volle Bandbreite der Musikinstrumente präsentieren zu können, werden zusätzliche musikpädagogische Honorarkräfte ins Boot geholt. Nicht selten sind da aus Funk und Fernsehen bekannte Musikanten dabei, was bei den ankommenden Schülern (und Lehrern) oft für ein großes Hallo sorgt.
Spaß und Freude an Musik
In der Regel startet der mehrtägige Aufenthalt im Rahmen des Projektes Regionale Musik für alle nach dem Beziehen der Übernachtungszimmer mit einem kurzen Begrüßungslied und einer Aufwärmrunde bestehend aus rhythmischen Übungen und Bodypercussion. Auf spielerische Art wird z. B. durch Stampfen und Klatschen das Prinzip Vorschlag und Nachschlag sowie unterschiedliche Taktarten deutlich gemacht. Schon beim ersten Stampfer wird klar, dass die Aufgabe nur im Team funktioniert und gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich ist. Das ganzheitliche Programm aus Singen, Tanzen und Musizieren schafft nicht nur einen Erstkontakt zur regionaltypischen Volksmusik, sondern stärkt auch die sozialen Kontakte im Klassenverband. Einige Schulen verbringen zum Beispiel ihre Kennenlerntage an der Volksmusikakademie in Bayern im niederbayerischen Freyung.
Wenn es dann heißt »Jetzt wird getanzt!«, haben die meisten Schüler erst einmal das Bild von einem Pärchen in der typischen Tanzhaltung im Kopf. In den Tanzeinheiten an der Volksmusikakademie in Bayern wird die Vielfalt der Bewegungsmöglichkeiten zur Musik deutlich. Gruppentänze, Figurentänze, Rundtänze oder Sitztänze in unterschiedlichsten Variationen stehen auf dem Stundenplan und werden mit den Referenten – altersgerecht und auf die Gruppe zugeschnitten – eingeübt.
Lustige Kinder- und Spaßlieder kommen bei den gemeinsamen Singeinheiten zum Einsatz, um bei den Teilnehmenden vor allem die Lust am Singen zu wecken. Die vorwiegend auswendig vermittelten Lieder hallen nach den Musikstunden noch lange durch die Gänge und Flure der Volksmusikakademie oder zeigen sich während der Heimfahrt im Bus als echte Hits. Durch das Vor- und Nachsingen (auch Sprechen) einzelner Verse werden ganz nebenbei auch Vers- und Reimform eingeprägt, was im Kreativteil das Dichten eigener Strophen oder Gstanzl leicht von der Hand gehen lässt. In kleinen Gruppen schreiben die Schüler Gstanzl über die Referenten, die Lehrer, über den Aufenthalt oder die Schule und tragen diese anschließend der Gruppe vor.
Der Einstieg ins eigene Musizieren
Über 120 Musikinstrumente – vom Alphorn bis zur Zither – warten an der Volksmusikakademie in Bayern darauf, erkundet und ausprobiert zu werden. Unter Anleitung der Referenten werden in Gruppen unterschiedliche Instrumentenfamilien vorgestellt, ihre Bauteile unter die Lupe genommen und die Art der Tonerzeugung erforscht. Nachdem die Teilnehmenden die Funktionsweise kennengelernt haben, gibt es für alle die Möglichkeit, die Instrumente auch intensiv auszuprobieren. Die Gruppen wechseln nach einer gewissen Zeit durch, sodass jeder die Möglichkeit hat, jedes Instrument einmal zu testen. Nicht selten wurde im Rahmen dieses Instrumentenkarussells schon ein Kind dazu motiviert, auch nach dem Besuch an der Volksmusikakademie in Bayern, aktiv Musik zu machen. Bei einem Aufenthalt im Rahmen des Projektes Regionale Musik für alle gibt es außerdem die Möglichkeit, eine voll funktionstüchtige Pfeifenorgel mit zwei Registern im Miniaturformat zusammen zu bauen und anschließend darauf zu spielen. Wer weiß, vielleicht können hier die Organisten und Kirchenchorleiter der Zukunft akquiriert werden!
Der Programmpunkt Liedbegleitung gibt den Teilnehmenden die Möglichkeit, auch ohne musikalische Vorkenntnisse, Teil einer Musikgruppe zu werden. Lieder mit einfachen Akkordfolgen (z. B. I-V-V-I) werden auf verschiedenen, zum Teil präparierten Instrumenten (z. B. offen gestimmte Gitarren, Klangbausteine, Boomwhackers, Klavier, etc.) begleitet. Kinder, die bereits ein Instrument spielen, können die Melodieparts übernehmen. Im Idealfall wird ein Lied gespielt, welches bereits gesungen oder getanzt wurde, wie z. B. die Ennstaler Polka (Tanz, Lied: Sepp, Depp, Hennadreck).
Summa cum laude
Der Erfolg gibt dem Projekt und dem Maßnahmenträger dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V. recht: Dutzende von Schulen – Schüler wie Lehrer – aus Niederbayern, Oberbayern, Franken, der Oberpfalz oder Schwaben waren von ihren Aufenthalten in Freyung begeistert. Die bisher weiteste Anreise in den Bayerischen Wald wurde von einer Grundschule aus Dörfles-Esbach in Oberfranken bestritten. Vielfach wird die Fahrt zur Volksmusikakademie in Bayern zum Standardprogramm etwa der dritten Klassen einer Schule. Wie gut, dass nun das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat einer Förderung der Musikpädagogenstelle auch für 2024 zugestimmt hat. Das Projekt Regionale Musik für alle kann also weiterhin ein echter Gewinn für alle sein, die daran teilhaben!
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