Die beiden Musiker Matthias Schriefl und Johannes Bär machten sich auf Konzertwanderung von Maria Rain im Allgäu bis Andelsbuch im Bregenzerwald: 8 Tage, 40 kg Instrumente in 2 Rucksäcken, 3 Alphörner, 1 Akkordeon, 2 Trompeten, 1 Bass-Tuba, 1 Flügelhorn, ca. 200 Kilometer Fußweg, mehrere Tausend Höhenmeter, Begegnungen mit Hirten, Hüttenwirten, Wanderern und anderen Musikanten, mit Kühen, Schafen und mit großartiger Musik zwischen Tradition und Moderne, zwischen Schlager und Jazz. Konzerte auf Waldlichtungen, Almwiesen und Berggipfeln, vor Alphütten und auf Dorfplätzen. Andrea Iven unterhielt sich mit Matthias Schriefl über diese besondere Pilgerwanderung durch die alpine Bergwelt mit tiefgehenden Erfahrungen, Freiheit und Humor, Staunen, großer Begeisterung und gemeinschaftlichem Erleben.
Text: Andrea Iven Fotos: Willi von Öhsen, privat
Andrea Iven: Wie ist die Idee zu Eurer z’ Fuaß-Tour entstanden?
Matthias Schriefl: Die Idee war schon ganz lange im Raum, wir haben irgendwann mal eine Karte genommen, der Johannes Bär und ich, und uns angeschaut, wo er wohnt und wo ich wohne und weil wir beide begeisterte Alpin-Menschen sind, haben wir einfach gesucht, was gibt es da für Wege, wie könnte man zu Fuß von der einen zur anderen Haustüre laufen. Wir haben festgestellt, an einem Tag geht sich das nicht aus. Dann hatten wir schon ziemlich bald die Idee, dass man das Angenehme mit dem noch Angenehmeren verbinden könnte, nämlich dass wir zu Fuß von der einen zur anderen Haustür gehen könnten und nur Alphörner mitnehmen und auf dem Weg auf Almen immer zusammen spielen könnten.
Als dann die Corona Pandemie kam, war die Zeit endlich reif, diese Idee umzusetzen: Es gab überhaupt keine Konzerte, man konnte nicht lange planen, weil die Richtlinien sich alle zwei Wochen komplett änderten. Da hab ich dann zwei Wochen vorher erst diese Tour endgültig ausgemacht und wollte es aber ein bisschen schwieriger machen für uns. Der Plan war, dass wir ein bisschen zu viel mitnehmen, also jeder mindestens drei Instrumente, und dass wir Wanderer haben, die uns beim Tragen helfen. Das hat allerdings überhaupt nicht geklappt – fast niemand hat uns jemals unsere Rucksäcke abgenommen, nur ganz selten hat das jemand geschafft. Die Rucksäcke waren auch wirklich über 20 Kilo schwer und die Routen waren auch echt weit. Wir sind an einem Tag meistens acht Stunden gelaufen, oft 30 Kilometer am Tag. 1.000 Höhenmeter bergauf und noch mal 1.000 bergab, das haben die Wanderer tatsächlich fast nie geschafft mitzulaufen und erst recht nicht, unsere Rucksäcke zu tragen. Ich wundere mich heute noch, dass wir selber das überhaupt geschafft haben, ohne Verletzungen.
Zum fünften Mal machen wir heuer bereits diese Tour, die immer bei der Haustür des einen anfängt und bei der Haustür des anderen aufhört.
Wie sah euer Vorhaben dann ganz konkret aus?
Ich komme aus Maria Rain im Oberallgäu und die Route geht dann über die Tiroler Alpen und die Allgäuer Alpen über den Bregenzerwald bis zum Heimatort vom Johannes. Das ist Andelsbuch im Mittleren Bregenzerwald. Wir nehmen immer zwei Alphörner mit, eine Tuba, ein Flügelhorn, eine Trompete und etliche Perkussionsinstrumente. Die beiden Alphörner sind achtteilig und brauchen daher nicht viel Platz und auch die Tuba ist eine Reise-Tuba, so dass alle Instrumente in zwei Rucksäcke passen, welche dann zusammen um die 40 kg wiegen. Also haben wir zwei riesengroße Rucksäcke, je 20 Kilo, die wir uns abwechselnd aufschnallen, weil jeder Rucksack tut immer an anderen Stellen weh. Und wenn man sich da abwechselt, sind die Schmerzen etwas geringer und vor allem spielen wir ja jeden Abend noch ein Konzert und dadurch lockert man dann wieder die ganzen Schmerzen, die man vom Tragen hat. Das heißt, meistens spiele ich noch Akkordeon und Trompete gleichzeitig oder sing was. Akkordeons sind sowieso meistens vorhanden, die müssen wir nicht mitschleppen.
Hast Du eine ganz besondere Erinnerung an ein Ereignis während Eurer ersten z’ Fuaß-Tour?
Die erste Tour war unglaublicher Wahnsinn, weil die ganzen Corona Richtlinien noch sehr streng waren. Wir haben in Tirol gespielt, kurz bevor das dann wieder zugemacht wurde und da durften nur genau 99 Menschen da sein. Wir wussten, bei Überschreitung, also mit der 100. Person, würde der Eintritt 10.000 € kosten. Für uns! Deswegen saßen ganz viele Menschen draußen um die Alm verteilt. Da waren dann bestimmt noch mal 100 weitere Zuhörer da – ganz legal mit Abstand verteilt, irgendwo auf der Wiese um die Alm rum und haben trotzdem gelauscht.
Ein wahnsinnig magisches Erlebnis, weil die Menschen zum ersten Mal wieder live Musik gehört haben nach dieser Lockdown Corona Zeit, also nach dem ersten langen heftigen Lockdown, an den man sich fast nicht mehr erinnert. Und natürlich hielten wir uns an die Richtlinien – Stoffmasken und alles Open Air. Und genau das war eben sehr magisch, wie die Menschen sogar von Weitem noch ganz gebannt zugehört haben, wie wenn sie zum ersten Mal auf einem Konzert wären, oder wie das vielleicht ganz früher war, als Musik noch was sehr Seltenes war, was man einfach nicht jeden Tag überall bekommen hat. Man hat auch gemerkt, bei der ersten z’ Fuaß-Tour, dass die Menschen wirklich sehr aufmerksam zugehört haben, weil sie einfach diesen Entzug hatten von live Musik. Vielleicht war dieses Ruhiger-werden in der Corona Zeit auf eine Art auch gut.
Was habt Ihr gelernt?
Wir wissen jetzt ganz genau, wie weit wir gehen können. Wir wissen, dass wir 30 Kilometer an einem Tag schaffen. Wir wissen, wie wir uns die Kraft einteilen. Letztes Jahr machten wir die z’ Fuaß-Tour zum fünften Mal, also das fünfte Jahr hintereinander. Wir nehmen immer noch die genau gleichen Instrumente mit. Gehen fast immer noch die gleiche Route, die ändert sich jedes Mal nur minimal. Und wir haben ein paar Kleinigkeiten natürlich gelernt, zum Beispiel, dass wir überhaupt kein Essen mehr mitnehmen, weil das einfach zusätzliches Gewicht ist. Und lieber kehren wir auf dem Weg irgendwo ein. Trinken haben wir natürlich immer dabei, wobei man es auch gut auffüllen kann an Bächen und an einen kleinen Brunnen auf dem Weg. Wir wissen ungefähr jeden Stein auf der Route, wo der liegt. Und wissen auch immer, wo man gut Wasser auftanken kann.
Wir nehmen nicht mehr jeden mit, also man kann sich anmelden zum Mitlaufen, aber wir haben ein paar Strecken, wo wir einfach niemanden mitnehmen wollen. Wir schaffen diese Abschnitte gut, aber wir können da auf keinen Fall auf jemand warten, weil wir abends pünktlich ein Konzert spielen müssen! Hier ist es schlichtweg nicht möglich, auf jemand zu warten, der vielleicht einen Sonnenstich hat oder nicht mehr kann. Deswegen haben wir letztendlich nur noch zwei Routen, wo jeder mitlaufen kann auf dem Weg und wir haben drei Routen, wo man eventuell mitlaufen kann. Zwei Routen gibt es, wo man bitte nicht mitlaufen soll, weil die zu hart sind für durchschnittliche Wanderer.
Wie sieht denn Euer musikalisches Programm während der Tour aus?
Wir spielen einen sehr bunten Mix aus Volksliedern aus dem Bregenzerwald und aus dem Allgäu, also aus unseren Heimaten, aber auch Volksmusik aus der ganzen Welt. Dazu noch Standards, über die ich neue Texte geschrieben habe, auf Allgäuerisch. Teilweise Schlager, deutsche Schlager, teilweise auch Pop-Nummern, zum größten Teil groovt es einfach und ist fröhlich. Wir jodeln auch mal und wir haben auch Balladen drin und wir spielen Alphorn Stücke. Es ist wahnsinnig abwechslungsreich und wir wissen selber nie so ganz genau, wie der Abend laufen wird, weil wir viel zu viel Repertoire haben und davon immer Programm für zwei Stunden auswählen müssen.
Wie siehst Du die Verbindung zwischen Jazz und Wandern?
Jazz ist ja wie das echte Leben. Man hat einen Plan und oft funktioniert der schon ganz am Anfang nicht, weil man doch ganz woanders hinkommt, ein ganz anderes Tempo hat, eine ganz andere Emotion. Der Schlagzeuger spielt einen ganz anderen Groove, das Solo lenkt ganz woanders hin und so weiter und so ist es beim Wandern auch. Oft verläuft man sich auch schon direkt am Anfang und findet dadurch einen viel schöneren Weg. Man muss Teamgeist haben, man muss vielleicht auch erklären, wie seine Emotionen sind und auch ehrlich zugeben, wenn man gerade keinen Plan hat. Kommunikation ist total wichtig. Planung ist zwar gut, aber wenn sie nicht funktioniert, dann zählen auch Spontanität, Spaß und Freude am Entdecken und vielleicht kann man dann auch spielerisch mit den Sachen umgehen. Es heißt ja Musik spielen, das ist ein Spiel, bei dem man auch oft durch Fehler ganz viel lernt und so ist es beim Wandern auch. Ich denke, da gibt es viele Parallelen sowie zu allen Sachen im echten Leben.
»… eine Mischung aus Urlaub und Spaß haben
am Musik machen!«
Was gibt Euch diese Tour?
Es ist so eine Mischung aus Urlaub und Spaß haben am Musik machen! Wir sind ja beide nicht nur Profis, sondern auch Hobbymusiker. Es ist auch unser großes Hobby, Konzerte zu spielen und für mich ist das eigentlich immer auch ein Urlaub, in dem ich abends halt immer noch ein Konzert spiele. Ich bin jemand, der immer umtriebig ist. Ich würde im Urlaub sowieso jeden Abend üben und ob ich dann ein Konzert vor Menschen spiele, die auch noch nett sind, in Locations, die auch noch wunderschön sind, mit Wahnsinns Aussicht oder ob ich da abends nur abhänge, das ist für mich sowieso Urlaub. Also für mich ist das ein Urlaub mit Konzerten.
Ist diese Art Eventcharakter wichtiger geworden?
Naja. Für mich nicht. Für mich spielt das keine Rolle. Für mich ist es auch gar nicht wichtig, ob da jetzt viele Leute mit uns mitlaufen oder nicht – weil wie gesagt, das ist für mich Urlaub und wer Spaß hat, kann gerne zu den Konzerten kommen. Es ist für alle eigentlich Urlaub und ich will das gar nicht so groß aufziehen und ich mag das auch nicht viel größer machen. Es war schon mal irgendwann die Idee da, ein großes Ding draus zu machen und das international zu bewerben als Urlaubstour mit vielen Menschen. Aber das wollen wir gar nicht, weil dann wären wir Wanderführer und wir sind einfach nur Musiker, die halt statt mit dem Auto zu Fuß unterwegs sind. Wir wollen das auch nicht überbewerten oder heiligsprechen. Uns macht das einfach Spaß und wir wollen da auch nicht die große Moralkeule schwingen, weil wir oft genug selber mit dem Auto unterwegs sind, obwohl wir beide versuchen, möglichst oft Zug zu fahren. Das gelingt auch nicht, dass wir als Musiker das perfekte Vorbild sind. Wir fliegen auch manchmal zu weit entfernt gelegenen Konzertorten. Wir sind jetzt nicht die Retter des Klimas, versuchen aber trotzdem, auf unsere Art so ökologisch wie möglich zu sein.
Und wie schauts heuer aus mit einer z’ Fuaß-Tour?
Diesen Sommer wird es zwar Konzerte von mir im Allgäu geben, aber diese werden nicht im Rahmen der z’ Fuaß-Tour angeboten. Ende August werde ich eine kleine z’ Fuaß-Tour den Rhein entlang machen, vom Kölner bis zum Xantener Dom. Einige Passagen dürfen auch gern Musik- und Wanderbegeisterte mitlaufen. Am Donnerstag, 28. 8. , starten wir in Köln, über Düsseldorf, und am Samstag, 30. 8. , spielen wir in Trompet/Moers bei Rüdiger Eichholz. Die z’ Fuaß-Tour 2025 endet dann am Dienstag, 2. 9. in Xanten am Dom, wo wir auch mit unserem Duo spielen werden.
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