Der Tiroler

Ein Figurentanz, aufgefunden im Vorderen Bayerischen Wald

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6. Juni 2023

Lesezeit: 4 Minute(n)

Der Tiroler ist eine von den frühen Tanzaufzeichnungen Wolfgang A. Mayers, die er in seiner Funktion als Volksmusikforscher am Institut für Volkskunde bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zusammen mit Franz Schötz, dem ehemaligen Leiter der Volksmusikstelle für Niederbayern und Oberpfalz beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V., in den 1970er-Jahren in Wahdorf bei Elisabethszell, Gemeinde Haibach im Landkreis Straubing-​Bogen aufgezeichnet hat. In dem Dorf lebte der Bauer Jakob Feldmeier, der noch eine Vielzahl von alten Tänzen beherrschte, die er den beiden in seiner Stube vortanzte.
Text: Magnus Kaindl, Fotos: Dobner/Angermann Film

Der Tiroler getanzt von einer Seminargruppe Volkstanz

Foto: Dobner/Angermann Film

Der Tiroler ist eine von den frühen Tanzaufzeichnungen Wolfgang A. Mayers, die er in seiner Funktion als Volksmusikforscher am Institut für Volkskunde bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zusammen mit Franz Schötz, dem ehemaligen Leiter der Volksmusikstelle für Niederbayern und Oberpfalz beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V., in den 1970er-Jahren in Wahdorf bei Elisabethszell, Gemeinde Haibach im Landkreis Straubing-​Bogen aufgezeichnet hat. In dem Dorf lebte der Bauer Jakob Feldmeier, der noch eine Vielzahl von alten Tänzen beherrschte, die er den beiden in seiner Stube vortanzte.

Darunter befand sich eben auch der Tiroler, der als eigenständige und eng begrenzte regionale Variante den Kreuzpolka-​Formen zugeordnet werden kann. Charakteristisch für diese Gattung sind die Kreuztupfschritte, bei denen jeweils mit einer Fußspitze über den anderen Fuß getupft wird. Verstärkt wird diese Kreuz-​Komponente durch die Kreuzhandfassung der Tanzpaare.
Warum er Tiroler heißt, lässt sich nicht mehr gesichert feststellen. Man könnte mutmaßen, dass etwa Arbeiter aus Tirol, die am Bau der Eisenbahnstrecke Straubing-​Haibach-​Miltach (Eröffnung 1895) beteiligt waren, für die Namensgebung Pate standen, oder Holzknechte, die nach großen Orkanschäden zur Aufarbeitung aus dem Alpenraum in den Bayerischen Wald kamen. Definitiv nachvollziehbar ist es nicht, daher bleibt es für uns einfach der gebräuchliche Name für diese Melodie in Elisabethszell. Wegen seiner ursprünglich kleinräumigen Verbreitung wird er bis heute auf den Tanzböden nur selten gespielt. Die Kombination aus einem gemütlicheren Geh- und Drehteil mit Kreuztupfschritten und einem flotten Polka-​Nachtanz hat es aber definitiv verdient, größere Verbreitung zu finden. Gepaart mit der rhythmisch einladenden Melodie ist der Tiroler ein kurzweiliger Tanzgenuss.

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Tanzbeschreibung

Ausgangsstellung: Beliebig viele Tanzpaare auf der Tanzfläche im Kreis. Die Paarbildung kann selbstverständlich ohne Bindung an Geschlechterrollen erfolgen. In der vorliegenden Tanzbeschreibung wird jedoch auf die Bezeichnungen Tänzer und Tänzerin zurückgegriffen, um die Tanzschritte und Figurenabfolgen besser erklären zu können.
Kreuzfassung: der Tänzer steht mit dem Rücken zur Kreismitte (innen); die Tänzerin steht ihm gegenüber (außen); der Tänzer fasst mit seiner rechten Hand die rechte Hand der Tänzerin und mit seiner linken Hand ihre linke Hand darunter; das Tanzpaar dreht sich (er nach links, sie nach rechts) bis sie nebeneinander in Tanzrichtung blicken.

Schrittfolge Teil 1:

Gehschritte und Kreuztupf in und gegen Tanzrichtung.

Takt 1–​4: Das Tanzpaar macht mit dem Außenfuß (er links, sie rechts) beginnend drei Gehschritte in Tanzrichtung, wendet sich einander zu und tupft mit der Fußspitze des Innenfußes über den Außenfuß (er rechts über links, sie links über rechts) (Kreuztupf).
Takt 5–​8: Beide machen einen Seitschritt mit dem Innenfuß (er rechts, sie links) gegen Tanzrichtung und einen Kreuztupf mit dem Außen- über den Innenfuß (er links über rechts, sie rechts über links). Es folgen ein Seitschritt mit dem Außenfuß in Tanzrichtung und wieder ein Kreuztupf mit dem Innen- über den Außenfuß.

Auseinanderdrehen und Kreuztupf in und gegen Tanzrichtung.

Takt 9–​12: Das Tanzpaar löst die Kreuzfassung und dreht sich mit drei Schritten einmal um die eigene Achse auseinander. Er dreht mit dem Innenfuß beginnend rechts herum (im Uhrzeigersinn), sie gegengleich links herum (gegen Uhrzeigersinn). Anschließend fassen sich beide wieder zur Kreuzfassung und machen einen Kreuztupf mit dem Außen- über den Innenfuß.
Takt 12–​16: Beide machen einen Seitschritt mit dem Außenfuß in Tanzrichtung und einen Kreuztupf mit dem Innen- über den Außenfuß. Es folgen ein Seitschritt mit dem Innenfuß gegen Tanzrichtung und wieder ein Kreuztupf mit dem Außen- über den Innenfuß.
Wiederholung von Takt 1-​16.

Schrittfolge Teil 2:

Rundtanz im Polka- oder Dreherschritt (im Tempo schneller).
Takt 1–​8: Gewöhnliche Rundtanzfassung: der Tänzer legt seine rechte Hand auf den Rücken der Tänzerin, etwa auf Höhe ihres linken Schulterblatts; die Tänzerin legt ihre linke Hand auf seinen rechten Oberarm oder auf seine rechte Schulter; seine linke Hand fasst ihre rechte Hand; die gefassten Hände werden in Tanzrichtung gestreckt.
Das Tanzpaar tanzt (er links, sie rechts beginnend) in Wechselschritten oder Dreherschritten rechts herum.

Wiederholung von Takt 1–8.

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