Volksmusik mit Aussicht

Die Volksmusikwoche in Riedenburg im Altmühltal

23. April 2025

Lesezeit: 5 Minute(n)

Text und Fotos: Magdalena Kufer

Zum mittlerweile 58. Mal findet heuer die Volksmusikwoche in Riedenburg im Altmühltal statt. Volksmusik im Altmühltal? Wie klingts denn da? Oberpfälzisch? Mittelfränkisch? Oberbayrisch? Niederbayerisch? Genauso wie die Altmühl auf ihrem Weg von der Altmühlquelle nordöstlich von Rothenburg ob der Tauber in die Donau verschiedene Regionen und Kulturlandschaften durchquert, fließen im Altmühltal unterschiedlichste Dialekte, Tänze, Lieder und Stücke zusammen. Aber das tun sie natürlich nicht von allein, nein, hierfür braucht es Menschen. Musizierende, Singende, Tanzende, Volksmusikinteressierte und Neugierige aller Altersgruppen und Hintergründe prägen die Kultur des Altmühltals und einige davon kommen einmal im Jahr in Riedenburg zusammen, um sich auszutauschen, Neues zu lernen und Volksmusik gemeinsam zu erleben.

Musik liegt in der Luft

Immer in der ersten Sommerferienwoche, wenn der Altmühltal-Radweg genauso bevölkert ist wie der Badesee St. Agatha, treffen sich sowohl erfahrende Volksmusikantinnen und -musikanten als auch volksmusikalische Neulinge in der Grund- und Mittelschule Riedenburg für eine Woche mit Einzelunterricht, Gruppenmusizieren und gemeinsamem Singen und Tanzen. Außerdem bieten unterschiedliche Zusatzkurse Gelegenheit, Neues zu lernen: Notenschreiben am Computer, Begleiten  oder Improvisieren. Wie viel jeder und jede Einzelne davon wahrnehmen möchte und wie viel Zeit man sich noch für die vielen speziellen Themenwanderwege des Luftkurorts oder die Besichtigung von Burg Prunn, der Rosenburg oder der Burgruinen Tachenstein und Rabenstein frei nehmen möchte, bleibt den Teilnehmenden selbst überlassen. Sicher ist aber auf jeden Fall: abends treffen wir uns beim Wirt!

Gemeinsames Musizieren auf der Terrasse der Grund- und Mittelschule Riedenburg

Ob im Fuchsstadl mit seinem von Kastanienbäumen überdachten Biergarten, im Gasthof Zur Krone unter den Prunner Kletterfelsen mit perfekter Aussicht auf die Altmühl, im Faßlwirt direkt neben dem Kristallmuseum oder im Schwan am Riedenburger Marktplatz; überall treffen wir uns zum gemeinsamen Singen, Tanzen und Musizieren und zum Genießen regionaler Schmankerl oder der ein oder anderen Riedenburger Bierspezialität. Übrigens sind hierzu auch Externe, also Nicht-Teilnehmende der Volksmusikwoche, herzlich eingeladen. Wer nun neugierig auf einen Einblick in das Seminar geworden ist und einen musikalischen Abend in netter Gesellschaft verbringen möchte, kann sich gerne auf unserer Website erkundigen, wo wir an welchem Abend zu finden sind.

Musik lädt zum Mitmachen ein

Musik, eine wunderschöne Landschaft, laue Sommerabende… da bietet sich doch noch mehr an, oder? Genau, ein Konzert im Freien! Zum Glück hat Riedenburg auch eine passende Bühne dafür: die Seebühne ragt in den Riedenburger Stadtweiher hinein. Das Publikum auf den Bänken gegenüber genießt dort nicht nur gefühlvolle Geigenjodler und schmissige Blasmusikpolkas, sondern auch – fast schon kitschig – den Sonnenuntergang über dem Wasser mit Seerosen und Schwänen. Bei der Serenade am Donnerstag, den 07.August, geben sowohl die Referentinnen und Referenten der Volksmusikwoche als auch die Stadtkapelle der Stadt Riedenburg unter der Leitung von Florian Aschenbrenner Stücke aus ihrem breiten Repertoire zum Besten. Dank dieser mittlerweile schon Tradition gewordenen Zusammenarbeit mit der Stadtkapelle und der Stadt Riedenburg selbst, ist die Volksmusikwoche kein eigenbrötlerisches heimliches Treffen, sondern eine Veranstaltung, die sich mit ihrer Umgebung auseinandersetzt. So kommen bei der Serenade manchmal zufällig, manchmal geplant, Einheimische mit Seminarteilnehmenden zusammen und teilen diese besondere gemeinsames Erfahrung.

Ein noch aktiveres Erlebnis planen wir dieses Jahr mit einem offenen Singen und Tanzen am Marktplatz. Volkstanzreferent und Kreismusikpfleger Berthold Wecker und Singreferent Josef Pertl werden am Dienstag, 5. August mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Volksmusikwoche am Marktplatz eineinhalb Stunden singen und tanzen und freuen sich auch hier auf externen Zulauf. Einfach herkommen, zuschauen oder am besten mitmachen: Eintritt frei – Spenden erlaubt.

Musik zwischen Schloss und Sternenhimmel

So also sieht die Volksmusikwoche in Riedenburg aktuell aus. Bleibt die Frage, wieso ein Seminar für Volksmusikinteressierte ausgerechnet an diesem Austragungsort stattfindet, der zuvor »häufiger über Überschwemmungen der Altmühl zu klagen hatte als über eine Schwemme von Volksmusikanten«. Albert Mues, von dem diese Formulierung stammt, schreibt in seinem Text zum damals 50-jährigen Jubiläum der Volksmusikwoche, dass der Münchner Musikverleger Josef Preißler Anfang der 1950er-Jahre das kleine Schloss Aicholding bei Riedenburg erworben hatte und dort wohl die Idee und Anfänge des »Fortbildungskurses« entstanden sind. Was zunächst als Fortbildung für Gitarrenlehrer mit zehn Teilnehmenden auf Schloss Aicholding begann, erweiterte sich mit Harfen, Hackbrettern, Flöten, Zithern, Akkordeons, Steirischen Harmonikas, Tischharfen, Kontrabässen, Klarinetten und Blechbläsern mehr und mehr, sodass das alljährliche Abschlusskonzert irgendwann die Kapazität von Aicholding sprengte und zwischendurch in die heutige Drei-Burgen-Halle umzog.

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Abschlussabend mit Volkstanz im Fuchsstadl

Ragnhild Kopp, die Josef Preißler seit dem zweiten Kurs 1967 als Harfenlehrerin unterstützte, ist bis heute in der Volksmusikwoche dabei und hat in diesem Rahmen schon einiges in und um Riedenburg kennengelernt: Es gab Gottesdienste mit anschließendem Zusammensitzen im Schambacher Pfarrhof und später auch die »Schambacher Serenaden«, Volkstanzabende und gut besuchte Vorträge in der Drei-Burgen-Halle, gemeinsame Wanderungen oder Ausflüge nach Eichstätt, nach Regensburg, zum Kloster Weltenburg, zum Orgelmuseum nach Kelheim oder Dampferfahrten auf dem Main-Donau-Kanal – natürlich immer mit Musik, Gesang und Tanz im Gepäck. Nach Josef Preißler, Roland Sieber und Franz Schesser organisierte Ragnhild Kopp gemeinsam mit Annemarie Bayerl lange Jahre jene Volksmusikwoche. Annemarie Bayerl, die heuer nach 30 Jahren das erste Mal Riedenburg-Pause macht, erzählt von Volkstanzabenden in Jachenhausen, die immer am Donnerstag stattfanden. Beim Zurückfahren »spät auf d‘Nacht oder ganz in da Fruah – je nachdem wie ma’s sieht« machte man immer auf einem Bergal, einem Aussichtspunkt Rast, von dem aus man die Lichter Riedenburgs unten und die Sterne oben sehen konnte, und verabschiedete den Tag mit einem gemeinsam gesungenen Jodler. Manchmal sind es die kleinen Traditionen, die besonders in Erinnerung bleiben.

Die Volksmusikwoche und die Blaskapelle Riedenburg gestalten eine Serenade auf der Seebühne.

Musik mit Tradition für das eigene Glücksgefühl

Und was tut sich im Altmühltal außerhalb der Volksmusikwoche? »Mein Anstreben ist, dass Volksmusik kein ›Nischendasein‹ bekommt, sondern im Alltag als allgegenwärtig gesehen und anerkannt wird.« So antwortet Berthold Wecker als eine der Stimmen der Region auf die Frage zur Veränderung des Altmühltals und seiner Musik. Er ordnet das Verhältnis zu traditionellem Brauchtum im Landkreis Kelheim beispielhaft anhand der Trachtenvereine ein: »In Oberbayern (Oberland) ist man Außenseiter, wenn man nicht im Trachtenverein ist, in unserer Gegend ist man ›Außenseiter‹, wenn man in einem Trachtenverein aktives Mitglied ist. Also kurz gesagt, wer sich hier in der Gegend mit Brauchtum beschäftigt, wird von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung schon mal als ›Exot‹ beäugt«. Es herrsche ein Mangel an Publikationen über oder Sammlungen von Volksliedern und -tänzen des Altmühltals und überhaupt sei die regionale Volksmusikszene überaltert, wobei dies vor einem bestehendem »Generationenkonflikt im allgemeinen Sinne« relativ zu betrachten sei.

Die Sorge nach volksmusikalischem Nachwuchs betreffe Saitenmusikinstrumente wie Zither, Hackbrett oder Gitarre wegen fehlender Angebote in den Musikschulen mehr als Blasinstrumente. Die regionale Blasmusikszene biete wunderbare Rahmenbedingungen für junge Musikantinnen und Musikanten, ihre Talente einzubringen. Ein vor kurzem stattgefundener Hoagartn mit jungen Musikantinnen und Musikanten habe gezeigt, dass sie weniger an der ernsten oder klassischen Komponente der Musik interessiert seien, sondern vielmehr ihre Freude am Musizieren mit stimmungsvollen, auch modernen Stücken an ihr Publikum weitergeben wollen.

Vergleichbar mit dem anfangs großen Widerstand gegen den Ausbau des Rhein-Main-Donaukanals, mit dem sich die Natur mittlerweile arrangiert und der der Beliebtheit der Region bei Touristen und Einheimischen keinen Abbruch getan habe, solle man weniger von einem »Untergang der Tradition« oder gar »Aussterben der Volksmusik« warnen, sondern den Wandel gelassener sehen. Aber alles in allem sei wichtig, so Berthold Wecker: »(…) dass junge Musikantinnen und Musikanten mit einer guten Portion Tradition ihren eigenen Weg bestreiten, für das eigene Glücksgefühl und zur Freude des Publikums«.

www.volksmusikwoche-riedenburg.de

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