Jetzt geht’s dahi

Eine Sonderausstellung über Sterben, Tod und Trauer

11. November 2025

Lesezeit: 4 Minute(n)

»Geh nicht vorbei, wozu die große Eile? Bleib stehen und denke eine Weile, an mich, an dich und all deine Lieben. Wo sind sie denn geblieben? Du gehst dahin, o Wanderer, nach dir kommt schon ein anderer!« – diese Worte auf einem Totenbrett-Denkmal im Bayerischen Wald von 1926 laden uns ein innezuhalten, die Endlichkeit zu spüren und den Blick auf das zu richten, was unvermeidlich ist.

Text: Lisa Späthe  Fotos: Freilichtmuseum Finsterau

Der Tod ist universell und zugleich zutiefst persönlich. In unserer modernen Welt wird er oft verdrängt, als ließe sich das Unabwendbare aus dem Alltag verbannen. Umso schmerzlicher trifft uns der Verlust eines geliebten Menschen, hinterlässt Orientierungslosigkeit und vielleicht die leise Sehnsucht, Abschied bewusster zu gestalten. Die Sonderausstellung »Jetzt geht’s dahi« — Sterben, Tod und Trauer. In Niederbayern und anderswo. im Freilichtmuseum Finsterau eröffnet einen Raum, um diesen Gedanken nachzugehen: zum Nachdenken, Erinnern, Reflektieren – und vielleicht, um das Leben klarer zu sehen, wenn wir den Tod ins Auge fassen.

Im Zentrum steht ein Leichenwagen

Das Leitobjekt der Ausstellung ist ein historischer Leichenwagen aus Fürholz, eingebettet in die Inszenierung eines symbolischen Leichenzugs. Besucherinnen und Besucher können hier den Weg des Abschieds nachvollziehen, nicht als bloße Beobachter, sondern als Teil der letzten Reise.

Längst vergessene kulturhistorische Schätze aus dem Finsterauer Museumsdepot, sowie besondere Leihgaben aus der bundesweiten Museumswelt bereichern die Schau. Ergänzt wird die historische Perspektive durch neue Entwicklungen, interkulturelle Perspektiven und durch zeitgenössische künstlerische Positionen der Leir Foundation. Internationale Künstler reagieren auf das Thema Tod, florale Arrangements eröffnen neue Zugänge, erweitern den Horizont über das Gewohnte hinaus. So entsteht eine Verbindung zwischen Tradition, Gegenwart und persönlichen Erfahrungen.

Eine weitere Begleiterin ist die Musik: Blasmusik markiert den Rhythmus der Schritte beim Trauerzug — Musik schafft einen akustischen Raum für Gefühle, ordnet Trauer und spendet Trost. Melodien werden zu Wegbegleitern der Seele, machen Verlust spürbar und geben zugleich Halt.

Eine Versehgarnitur mit Utensilien zum Spenden der Sterbesakramente gehörte bis vor einigen Jahrzehnten zur katholisch geprägten häuslichen Ausstattung.

Sterben, Tod und Trauer

Die Schau ist in drei Kapitel gegliedert:

Sterben. Hier begegnet man dem unmittelbaren Ende des Lebens: dem letzten Atemzug, den körperlichen und seelischen Veränderungen, der Sterbebegleitung früher und heute. Es geht um die Fragen, wer bleibt und wer geht oder ab wann ist man wirklich tot. Historische Zeugnisse eröffnen intime Einblicke, laden ein, über eigene Erfahrungen nachzudenken und Sterben als Teil des Lebens zu verstehen.

Versehlampe mit Glocke; Leihgabe Pfarramt Mauth: Der Versehgang ist ein katholischer Brauch bei dem ein Geistlicher zum sterbenden Menschen nach Hause kommt, um die Sterbesakramente (Beichte, Krankensalbung und Kommunion) zu spenden. Inzwischen wird der örtliche Pfarrer eher selten zum Spenden der Sakramente gerufen.

Tod. Dieses Kapitel beleuchtet die Phase nach dem letzten Atemzug: Aufbahrung, Totentoilette, Einsargen und Bestattungsformen im Wandel. Tradition trifft auf Moderne, ländliche Überlieferungen auf alternative Bestattungsrituale, Feuerbestattung und neue Impulse. 

Trauer. Trauer ist mehr als Erinnerung – sie lebt in Gesten, Klängen und gemeinsamen Ritualen. Trauermusik, Leichenschmaus und Kondolenz machen das Gefühl erfahrbar, lassen uns innehalten und schenken Orientierung.

In der eigenen Gegenwart

Fragen, wie »Welche Musik soll auf deiner Beerdigung gespielt werden?« Oder »Glaubst du an Zeichen aus dem Jenseits?« holen den Besucher in seine eigene Realität zurück.

Der hölzerne Sarg mit einer verstorbenen Person wird aus dem Haus getragen. Sargtragen, Finsterau, 1951.

Die Gestaltung der Sonderschau folgt einem klaren, hellen Konzept: Licht, Raum und Spektralfarben ersetzen düstere Symbolik. Die Ausstellung möchte berühren, versöhnen und Emotionen erfahrbar machen. »Jetzt geht’s dahi« — Sterben, Tod und Trauer. In Niederbayern und anderswo. ist mehr als eine Ausstellung: Sie ist ein Dialog über Leben, Abschied, Erinnerung und uns selbst.

»Jetzt geht’s dahi« — Sterben, Tod und Trauer. In Niederbayern und anderswo.

Sonderausstellungshalle im Freilichtmuseum Finsterau

März 2026 – März 2027

www.freilichtmuseum.de

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Aufmacher:
Leichenzug in Fürholz; im Hintergrund das zentrale Leitobjekt der Ausstellung: Leichenfuhrwerk.

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