Fredl Fesl

* 7.7.1947 Grafenau, Bayern
† 25.6. 2024 Pleiskirchen, Bayern

9. Juli 2024

Lesezeit: 2 Minute(n)

München, Kleinkunstbühne Song Parnass, das Lieblingslokal des jungen Sportlers und Handwerkers Alfred „Fredl“ Fesl in den beginnenden Siebzigerjahren. Um sich das Eintrittsgeld zu sparen, geht er demonstrativ mit seinem Gitarrenkasten an der Kasse vorbei – und rechnet nicht mit der List des Wirtes. Als ein Künstler ausfällt, bittet der ihn, für diesen einzuspringen. Fredl Fesl lässt sich nicht zweimal bitten – und bestreitet mit den drei Liedern, die er kennt, eine ganze Stunde, indem er die Ansagen seiner Lieder zu verbalen Kunstwerken ausschmückt, immer wieder ein paar Takte spielt, weiterredet, die Not zur Tugend macht, und damit eine neue Kunstform kreiert.

Pleiskirchen in Bayern, ab den Nullerjahren. Fredl Fesl ist an Parkison erkrankt, rettet sich und seine Umgebung aber bis zum Schluss damit, dass er jedes kleine bisschen, das ihm „der Parkinson“ noch lässt, mit größter Kreativität zelebriert. Er ist nicht nur ein Lebens-, sondern auch ein Krankheitskünstler. Dazwischen liegen Jahre, in denen er, der immer Bescheidene, mit großer Virtuosität scheinbar belanglose Themen und Lieder in Bavarophilosophie wandelt, in denen er demonstriert, dass bayerische Volkslieder Anarchie und Gaudi und gleichzeitig hip sein können. Er ist ein Meister des „hinterkünftigen“ Humors, ein dadaistisches Wortspiele-Kind, das sich weder durch Platten- und Fernseherfolg noch durch Einflüsterung verdrehen lässt. „Da warn Leit, die hätten versucht, mich zu verändern – Sepplhut und so. Da hob i aba glei d’Brems neighaut. Des hört ma doch, wenn i an Mund aufmach, wo i herkimm, da muaß i koan Huat aufsetzen.“

Bei aller Gaudi: Fesls Gitarrenspiel, seine musikalischen Einfälle, alles, was so leicht daherkommt, ist das Ergebnis ungewöhnlicher Musikalität und langjährigen ernsthaften Übens. O-Ton von Kabarettist Josef Brustmann: „Gitarr hot er spuin kinna wia d Sau.“ Was im Bayerischen das Nonplusultra an Kollegenlob darstellt.

Sein „Königsjodler“, seine „44 Fußballbeine“, sind nur die populären Spitzen des kreativen Eisbergs, den der geniale Unterhaltungsmann hinterlassen hat. Am 25. Juni ist er in Pleiskirchen bei Altötting nach dem Frühstück gestorben. Bescheiden, so wie er gelebt hat, ohne viel Aufhebens. „Der Parkinson“ war stärker als der ehemalige oberbayerische Jugendmeister im Gewichtheben.

Ulrike Zöller

Foto: Dieter Schnöpf, Wikimedia CC BY-SA 3.0

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