Sie ist ein Oberpfälzer Original und spielt Zither, Akkordeon und Drehleier. Sie war viele Jahre unter anderem als Kreisheimatpflegerin im Landkreis Amberg-Sulzbach aktiv, bevor sie beruflich nach München zog. Viele Menschen kennen ihre Stimme von BR Heimat. Ab 1. September 2023 ist damit Schluss. Die Rede ist von Evi Strehl.
Text: Simone Lautenschlager Fotos: Archiv Evi Strehl
- Simone Lautenschlager: Liebe Evi, bald gehst Du in den wohlverdienten Ruhestand. Du warst schon immer in Sachen Volksmusik unterwegs und sehr umtriebig. Bitte skizziere den »zwiefach«-Lesern Deinen Werdegang.
Evi Strehl: Ich wurde im Mai 1958 in Eberhardsbühl/Opf. geboren und kam schon als Kind mit Volksmusik in Berührung: Mein Großvater, Bäckermeister Hans Strehl, ließ seine Enkelkinder nämlich gern im alten Unimog mitfahren, wenn er an Sommersonntagen in die umliegenden Dörfer seine Kirchweihsemmeln lieferte. Dort gab’s neben der obligatorischen Broutwurscht-Semml immer auch a schöine Muse, deren lebendige und tänzerische Ausdrucksform mich nachhaltig prägte.
Vom Königsteiner Paul Schertl erlernte ich das Zitherspiel, das ich auch heute noch mit Leidenschaft ausübe; später kamen unter anderem noch Akkordeon und Drehleier dazu.
Etliche Musik- und Gesangsgruppen konnte ich gründen, war bei den Weißenberger Moilan, den Birgländern und den Oberpfälzer Volksmusikfreunden aktiv und lernte schon in jungen Jahren die verschiedenen Volksmusiklandschaften Bayerns kennen, nicht zuletzt durch Lehrgänge und Seminare beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege.
Die Region Amberg-Sulzbach wurde ab 1992 mein Betätigungsfeld: Als damals jüngste bayerische Kreisheimatpflegerin bereiste ich den Landkreis und die angrenzenden Regionen, um jungen Menschen das Tanzen, Singen und die speziellen Kirchweihbräuche zu vermitteln. Außerdem war ich zuständig für Volksmusik-, Dialekt- und Trachtenpflege.
Zum Bayerischen Rundfunk bin ich als freie Mitarbeiterin gekommen. Dort habe ich 1991 meine erste Sendung über Oberpfälzer Volksmusik im Funkhaus München moderiert. Ab 2001 fungierte ich als Programmgestalterin, Aufnahmeleiterin und Moderatorin für die Volksmusik im Studio Franken und wechselte 2004 als Leiterin der damaligen Abteilung Volksmusik zum BR nach München. Ab 2008 wirkte ich als Leiterin der Programmentwicklung Volksmusik beim neuen Digitalprogramm Bayern plus. Ich kreierte neue digitale Inhalte und Akzente zur Sendungsgestaltung und legte mit einem umgearbeiteten Planungsprogramm (Musikmaster) u. a. den Grundstein für den Start des Volks- und Blasmusikprogramms BR Heimat ab 2015. Dort wirkte ich als Redakteurin und Moderatorin.
Weil es viel zu schade wäre, wenn die moderierten Volksmusiksendungen früherer Jahrzehnte ungehört im Archiv liegen bleiben würden, rief ich die Reihe Schätze aus dem Schallarchiv ins Leben. Sowohl bei Bayern plus als auch bei BR Heimat verantwortete ich die Sendungen Servus mit Gästen aus der Heimat- und Volksmusikpflege Bayerns. Bereits 2004 konnte ich Christoph Well für ein neues BR-Sendeformat gewinnen. Stofferls Wellmusik wird derzeit an jedem ersten Sonntag im Monat von 14 – 15 Uhr gesendet.
- Wer oder was hat dich geprägt?
Nachhaltig geprägt hat mich Hanns Binder aus Sulzbach-Rosenberg. Mit seinem Heimatverein Birgland war er eine bekannte Größe in Sachen Heimat. Er sammelte Lieder und Tänze, war ein begabter Mundartautor und einer der ersten, die in der Oberpfälzer Heimat- und Volksmusikpflege der Nachkriegszeit mitmischten – neben Karl Männer, Otto Peisl, Martha Rittner usw. Er machte mich 1979 auf die Volksmusiklehrgänge des Bayerischen Landesvereins aufmerksam und hat mir u. a. bereitwillig seine gesammelten Liedtexte aufs Band gesungen – Noten konnte er nicht. Weiterhin beeindruckt haben mich der frühere Oberpfälzer Bezirksheimatpfleger Dr. Adolf Eichenseer und seine Frau Erika, ersterer durch seine zupackende und unternehmungslustige Art, seine Frau durch ihr pädagogisches Geschick, auch in der Schönwerth-Märchenforschung. Von ihnen lernte ich oberpfälzisches Selbstbewusstsein in Sachen Volksmusik und Heimatpflege – nach dem Motto: »Mia san aa wer!«
Das dritte charismatische Vorbild war ein Egerländer: der Bundesvorsitzende Seff Heil lebte nach Flucht und Vertreibung in Sulzbach-Rosenberg und moderierte – wie auch Hanns Binder und Adolf Eichenseer – in den 1980er-Jahren regelmäßig BR-Volksmusiksendungen. Dahingehend bin ich sozusagen ihre Nachfolgerin geworden.
Ein Vorbild und Freund war nicht zuletzt auch Erich Sepp vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege. Als junge Volksmusikpflegerin hat er mich sehr unterstützt, mich gefördert und auch gefordert.
Und noch jemand fällt mir jetzt ein: Seit W. A. Mayer vulgo da Mayer Wolfi ca. 1981 auf einem Lehrgang begeistert von seinen Feldforschungen erzählt hat, brannte ich ebenfalls lichterloh dafür. Sofort kaufte ich mir ein Aufnahmegerät – damals noch mit Kassetten – und ging auf die Suche nach interessanten Sängern, Musikanten und Tänzern.
Zwiefache tanzend mit Dr. Adolf Eichenseer
… singend mit den Birgländer Moila
… beim Studieren der Liedsammlung mit Hanns Binder.
Evi Strehl mit ihrem väterlichen Freund Hanns Binder in der Birgländer Festtagstracht samt Haube.
- Du bist für die Sendung Servus vor allem in der Corona-Zeit viel und weit gereist und hast viele Menschen interviewt. Warum war Dir das so wichtig?
Corona hat auch beim BR vieles blockiert: Plötzlich durften wir keine Live-Studiogäste mehr ins kleine BR-Heimat-Studio einladen, weil es dort keine Abstandsmöglichkeiten gab. Der Bayerische Rundfunk nahm es sehr genau mit den Vorschriften und der Fürsorge für seine Angestellten. Vorsichtig war ich schon auch bei meinen Interviewreisen – aber ich fand es einfach viel spannender, die Geschichten von interessanten und verdienstvollen Sängern, Musikanten, Heimat- und Volksmusikpflegern mit dem transportablen Aufnahmegerät vor Ort einzufangen, als allein im Studio zu sitzen. Alle diese Servus-Sendungen wurden im BR-Archiv gespeichert und bilden so ein Nachschlagwerk zu vielen Themen der vergangenen 20 Jahre Volksmusikgeschichte.
Ich verstand den Rundfunkauftrag jedenfalls immer so, dass der BR für seine Zuhörer da ist und nicht umgekehrt – weil sie ihn ja auch mit ihren Rundfunkbeiträgen alimentieren. Darin heißt es sinngemäß, dass der BR die Kultur all seiner Landesteile abbilden solle – und damit ist eben nicht nur das volksmusikreiche Oberbayern gemeint, sondern auch Niederbayern, die Oberpfalz, Schwaben und Franken. Auch wenn es dort vielleicht a bissl schwieriger ist, gute Gruppen und Themen zu finden. Aber wer sucht, der findet!
Der frühere Intendant Dr. Thomas Gruber hat mich 2004 nach München geholt mit eben diesem Auftrag – und das war mir immer eine Verpflichtung!
- Was wünscht Du Dir zukünftig für die Volksmusik?
Für die Volksmusik im BR wünsche ich mir, dass sie weiterhin ihrem Auftrag gerecht wird, Musik, Gesang und Kultur aus allen Landesteilen Bayerns abzubilden, auch wenn nicht überall Hochglanzmusik gemacht werden kann.
Für die Volksmusik allgemein wünsche ich mir, dass nicht nur das Perfektionsstreben im Vordergrund steht, sondern die Freude und Lust daran, sich im Laienmusikbereich musikalisch auszudrücken.
- So wie ich Dich kenne, wirst Du ab Herbst Deine Füße nicht stillhalten. Welche Projekte hast Du Dir ausgedacht bzw. was hast Du alles vor?
Ich freu mich sehr drauf, endlich wieder mehr Zeit für meine Musik zu haben. Etliche Zithern und meine Drehleier warten auf mich und außerdem habe ich mich mit meinem Tenorhorn beim benachbarten Posaunenchor angemeldet, damit erfülle ich mir einen Kindheitswunsch. Vor kurzem habe ich außerdem das Weisenblasen mit einem Münchner Nachbarn begonnen.
Mit Menschen singen, musizieren und tanzen war schon immer meine Leidenschaft. Diese kann ich zukünftig wieder in verschiedenen Funktionen ausüben, z. B. als Dozentin der Volkshochschule oder des EBWs. Dort kann ich bayerische Akzente in die Kursangebote einbringen. Außerdem ist sicher auch mal die eine oder andere Moderation gefragt oder eine Mitwirkung als Referentin bei einem Volksmusiklehrgang. Für die Internetseite meiner Heimatgemeinde werde ich weiterhin Interviews mit Menschen aus der Region führen und unter Edelsfelder Geschichte/n veröffentlichen.
Und zuletzt schwebt mir eine Art WebRadio vor – das als hörbares Nachschlagwerk authentischer TradMusik von Interessierten genutzt werden kann. Mal sehen, was draus wird – Mitstreiter sind willkommen. Über meine grad entstehende Homepage bin ich erreichbar.
Im Studio: Aufzeichnung einer Ausgabe von Stofferls Wellmusik mit Dr. Armin Griebl und Christoph Well (v. l.)
- Liebe Evi, wir sind gespannt, auf Dein weiteres volksmusikalisches Tun und wünschen Dir einen schönen Unruhestand. Vielen Dank für das offene Gespräch!
Christoph Well und Evi Strehl
Stofferls Wellmusik
Nur auf BR Heimat: Stofferls Wellmusik, jeden ersten Sonntag im Monat von 14.00 bis 15.00 Uhr. Christoph Well (Ex-Biermösl Blosn) präsentiert seine persönlichen Lieblingstitel: vom Landler bis zum Blues, vom Jodler bis zum Rap. Und der obligatorische Mozart für die Volksgesundheit darf auch nicht fehlen. Stofferl lädt sich jedes Mal einen Studiogast ein, dem er sechs Fragen zur Volksmusik stellt und ihn spontan zum Mitsingen bzw. Musizeren bringt.
Am Sonntag, 3. September 2023 verabschiedet sich Stofferl Well von seiner langjährigen Redakteurin Evi Strehl, deshalb sitzt sie an diesem Tag an seinem Gastmikrofon. Sie blicken zurück auf 20 Jahre Zusammenarbeit im Bayerischen Rundfunk und verstehen sich musikalisch fast blind.
Zusammen haben sie das Sendeformat erfunden, es begann 2005 auf Bayern 2 in der Radio-Revue, später liefen die Sendungen in Evi Strehls Volksmusikformaten auf der Digitalwelle Bayern plus und seit 2015 auf BR Heimat. (Wiederholung 22.00 bis 23.00 Uhr, anschließend Podcast für 12 Monate unter www.br-heimat.de)
Die künftige redaktionelle Betreuung von Stofferls Wellmusik sowie auch der Schätze aus dem Schallarchiv übernimmt ab September 2023 Katrin Stadler.
Liebe Evi Strehl,
im Namen der Volksmusikfreunde Geisenbrunn wünsche ich Dir alles Gute für einen spannenden, neuen Lebensabschnitt! Ich habe Deine Sendungen immer gerne gehört und Dich auch ab und zu bei Veranstaltungen persönlich getroffen.
Herzliche Grüße Judith Mezösi