Mit dem Floß durch Natur, Geschichte und Genuss

Früher mit Eisen und Holz beladen, transportieren die Flöße heutzutage hauptsächlich musikalische Touristen

27. Juni 2025

Lesezeit: 4 Minute(n)

Text und Fotos: Annemarie Dirninger

Die Enns, mit 274 km der längste Binnenfluss Österreichs, entspringt im österreichischen Bundesland Salzburg in der Nähe von Radstadt, durchquert die Obersteiermark von West nach Ost und dreht im Gesäuse nach Norden. Sie rinnt weiter durch das südliche Oberösterreich, bildet ab der Stadt Steyr die Grenze zwischen den Bundesländern Ober- und Niederösterreich und mündet schlussendlich in der Stadt Enns in die Donau.

Die großteils von der Enns entwässerte Region nördlich des steirischen Erzberges wird auch Eisenwurzen genannt, das Land hinterm Erzberg, in dem das Eisen in den vielen Schmieden, den Hammer- und Sensenwerken verarbeitet wurde. Durch die dazu benötigte Holzkohle war der Holzbedarf enorm und große Teile der Wälder wurden abgeholzt.

Die Flöße auf der Enns ab Großreifling waren jahrhundertelang die wichtigsten Transportmittel dieser Region für Holz und das Roheisen des steirischen Erzberges. Ein Großteil des Holzes wurde direkt in der Eisenwurzen zu Holzkohle für die Eisenverarbeitung verköhlert, es wurde aber auch Bauholz bis an die Donau geflößt, wo es mit den Donauflößen weiter bis Wien oder Budapest transportiert wurde. Das Roheisen wurde erst mit Flößen, ab dem 17.Jahrhundert mit Schiffen bis Steyr zu den eisenverarbeitenden Betrieben der Region geliefert.

Nach dem Bau der Kronprinz-Rudolf-Bahn in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Eisenschifffahrt aufgegeben und das Eisen mit der Bahn befördert. Holz wurde weiterhin geflößt, bis durch Bau und Inbetriebnahme der Ennskraftwerke Ende der 1950er-Jahre auch die gefährliche Flößerei eingestellt werden musste. Seither werden Holz und Eisen auf Straße und Schiene transportiert.

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Abschlussrennen beim Floßbau-Workshop
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Flößerfamilie Dirninger

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeiteten die Brüder Walter und Herbert Dirninger einige Zeit als Flößer auf der Enns zwischen Großreifling und Weißenbach, wo eine Papierfabrik noch in den 1950er-Jahren von Flößern mit Holz beliefert wurde – dadurch entstand die Idee der Söhne Herberts, Walter und Fritz, die Flößerei im Ennstal wieder zu beleben. So kam es 1988 zur Gründung der ersten Floßmeisterei. Allerdings nicht mehr als beschwerlicher Transport von Holz und Eisen, sondern zur Unterhaltung von Gästen aus Nah und Fern.

floß & co, das Familienunternehmen von Fritz und Annemarie Dirninger, führt nach Anfängen auf der oberen Enns und der Mur in Graz seit Mitte der 1990er-Jahre Floßfahrten auf der Enns im Stauraum Großraming durch. Anfangs wurden die Flöße noch nach jeder Fahrt zerlegt und das Holz mit LKW zum Ausgangspunkt zurückgeführt, wo das Floß vor der nächsten Fahrt in mühsamer Arbeit wieder zusammengebunden werden musste. Bald aber wurden Motoren eingesetzt, und so fahren die Flöße mittlerweile auch flussaufwärts, was früher unmöglich gewesen wäre … Und auch die Ausstattung des Floßes mit Überdachung, Tischen, Bänken, Ausschank und Grill ist im Vergleich zu früher direkt luxuriös. Was geblieben ist, ist die Ruhe und die Kraft des smaragdgrünen Wassers der Enns. Durch die Kraftwerke ist ihr Verlauf noch ruhiger und beschaulicher geworden, und das üppige Grün am Ufer lässt so manchen Gast an den Amazonas denken.

Während der Floßfahrt kommt das leibliche Wohl der Gäste nicht zu kurz, es gibt Jause oder Grill an Bord, wobei großen Wert auf Regionalität und Qualität der Speisen gelegt wird, frisch und selbst gemacht ist die Devise. Und interessierte Gäste können allerhand Wissenswertes über die Geschichte der Region und der Flößerei erfahren – so entsteht eine perfekte Symbiose aus Naturgenuss, Kulinarik, und Geschichte(n).

Aktive Gruppen können in Floßbau-Workshops unter fachkundiger Anleitung selbst die Kunst des Floßbaues erlernen: Am romantischen Floßbauplatz werden im Team original Holzflöße gebaut – das garantiert Action und Spaß und fordert den gesunden Hausverstand der Teilnehmer. Auf intensive, gruppendynamische Art wird uraltes Fachwissen im Umgang mit Holz, Eisen und Wasser vermittelt – Holz schneiden, Klampfen schmieden, Ruder bauen, Floß bauen. Die selbst gebauten Flöße werden natürlich in der Praxis am Fluss erprobt. Das ideale Programm für Firmenseminare oder Teamtrainings, aber auch perfekt geeignet für Leute, die einfach Spaß und ein Kontrastprogramm zu ihrer täglichen Arbeit haben wollen – hier geht nicht alles per Mausklick!

Immer wieder sind Musikanten zu Gast, auf dem Floß …

Musikalische Floßfahrerei

Sowohl die Floßfahrten am großen Holzfloß als auch die Floßbau-Workshops sind immer wieder in Film und Fernsehen zu finden, sogar ein Teil eines Pausenfilmes zum Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wurde am Floß gedreht.

Natürlich hat die Musik seit jeher ihren Platz in der Flößerei – schon die Flößer selbst hatten ihre eigenen Lieder und waren stolz auf ihren Stand. Von der Familie Zwanzleitner aus St. Gallen ist uns ein eigenes Flößerlied überliefert.

Heute ist auf Wunsch ein Musikant aus der Region an Bord des Floßes, oft aber musizieren die Gäste selbst. Die Floßfahrt ist ein beliebtes Ausflugsziel von Blasmusikkapellen oder Chören aus ganz Österreich und dem südbayerischen Raum. Es werden aber auch Themen-Floßfahrten mit Musik aus verschiedensten Richtungen angeboten. Und ab und zu kann man das Glück haben, heimische Weisenbläser beim Proben am Ufer zu erleben. Der Klang der Musik im doch eher engen Tal überm Wasser bleibt lange in Erinnerung.

Musikbegleitung vom Ufer aus
Noten

Siehe auch: »Auf geht’s bold, Flößerleut«

Noten-Beschreibung und PDF
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Aufmacher:
Floß Dirninger
Ewww.floss.at floß & co, Auf der Au 210, A–8933 St. Gallen, +43 664 1205921, Anlandestelle: Eisenstraße 66, A–4463 Großraming
Ein Beitrag in Kooperation mit dem Steirischen Volksliedwerk.

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