Keine Weißwurst lässt mit sich darüber diskutieren, sich dem Zwölfuhrläuten der Kirchenglocken auszusetzen. Lieber platzt sie vorher.
In Hinterbayern ist es schon fünf vor zwölf, die Prominenz wird den pünktlichen, den Genuss versprechenden Anschnitt, nicht mehr schaffen. Wie also kann dem gleich eintreffenden Heimatminister das Traditionsschmankerl überzeugend munden, wenn es nicht konsequent stilgerecht und fehlerfrei serviert wird?
Bei den Festgästen steigern sich allmählich Nervosität und Frust und sie blicken, um ihr Image besorgt, ständig auf ihre Uhren und geben permanent ihren Senf zur langsam peinlich werdenden Situation dazu. Bis plötzlich ein pfiffiger Ministrant vorschlägt, den Kirchturmglockenläutautomaten um eine Stunde zurückzustellen. Der Weißwurst ist das wurst, Hautsache sie muss nicht das mahnende Läuten hören und dann platzen müssen.
Tatsächlich verzehren dann alle pünktlich die von einer Brezn begleitete Heimatwurst paarweise, auch wenn deren Enthäuten und Freilegen esskulturell eher stümperhaft ausfällt. Auch das ist wurst in so einem bedeutsamen, berührenden und weißblauen Moment echt bayerischer Esskultur. Der Trick: Die Zeit zurückdrehen.
Gisela und Herbert Pöhnl
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