Wieder ein Heimatabend in Hinterbayern, wieder mit echten Bayern. Aber wie ist man ein solcher, wenigstens für einen Abend, wenigstens äußerlich? Was brauchts? Jedenfalls das richtige Gwand. Das muss nachhaltig, regional, billig, modern, historisch und klimaneutral sein. Ein Anspruch, dem mit Dirndl, Sepplhut und lederner Hose ausreichend Genüge getan ist. Und, noch ganz wichtig, ein paar Brocken Dialekt brauchts schon auch. Und, als deutliche Zeichen der Weiterentwicklung der Tradition, Handytascherl und Nail-Deco in weißblau, die aktuellsten Sneakers und, wieder im Kommen, die liebevoll geflochtene Gretlfrisur.
Der Saal beim Postbräu ist voller sich wohlfühlenden Echtbayern. Das Intro gestaltet der Reuther Dreigsang traditionell, er singt übers Mahl: ’s Deandl mid’n roadn Miada und vom Annamirl, die sieben Kindern hat aber koa Brot. Dazu essen alle große Mengen Schweinebraten mit Knödeln und trinken noch größere vom Bier, das ist ein weiterer Standard. Jetzt sind alle im Zentrum des Bayerischen, in der Gemütlichkeit.
Auf eine noch höhere und gemütlichere Ebene bewegt sich der Event, als die Wohlfühlatmosphäre zusätzlich mit Welt-Volksmusik angereichert wird, die vielstimmig und schunkelnd das Publikum begleitet: Let it be, Schickeria und den Song von der Sierra Madre.
Tracht, Musik, Kulinarik, Gesang, alles ist mehr als Kulisse, es ist Zugehörigkeit und Lebensfreude. Ein Abend voller Empfindungen, einer, der das Brauchtum lebt, das Mia-san-mia-Gfui. Echt und doch weltoffen. Beispielsweise sprechen norddeutsche Trachtler Alltagworte des Bayerischen nach. Sie fühlen sich ernst genommen.
Trotzdem, morgen ist Alltag mit einer ganz anderen Heimat, ohne Dirndl und lederne Hose. Aber das Bayerische hat wieder demonstriert, wie beweglich, bodenständig, flexibel und global es ist, easy eben. Mega-cool.
Gisela und Herbert Pöhnl
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