Die Teifi-Gstanzl

oder wie man in Bayern mit Tod und Teufel verfährt

20. Dezember 2023

Lesezeit: 4 Minute(n)

Text: Petra Böhm Fotos: ZeMuLi, Pexels

Nebenstehend finden sich die Teifi-Gstanzl, wie sie im Traunsteiner Liederbüchl von Bertl Witter (1924–2004) niedergeschrieben wurden. Bei den Strophen 1, 4 und 6 handelt es sich um überlieferte Texte, die Strophen 2 bis 4 wurden von Bertl Witter 1972 gedichtet, ebenso stammt die Melodie aus seiner Feder. Zusammen mit Leo Döllerer und Walter Schreckenbauer war Bertl Witter als Sänger im Traunsteiner Dreigesang aktiv und verbreitete so alpenländische Lieder, die er zum Teil ergänzte oder auch selber schrieb, in Bayern und Österreich.

Eine Reihe von Rundfunkaufnahmen in Freiburg, Stuttgart, Salzburg und München machten die drei Sänger über die Grenzen des Chiemgaus hinaus bekannt. Zu hören waren sie bei unzähligen Musikantentreffen, beim Salzburger Adventsingen, bei Maiandachten und Passionssingen, aber auch in Funk und Fernsehen.

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Teifi-Gstanzl

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Teifi-Gstanzl

2. Da Fuchsenbauer z’ Moos, huljo,
hat ’s Ganggerlfanga los, huljo;
mit ’n Fangeisn und an Såck,
ja, da fangt er, was er måg!

3. Mia haben a an Teifi gfangt, huljo,
in Heuwågn einigspannt, huljo;
am Schwanzl habn ma ’n brennt,
aber Bua, då is a grennt!

4. Er håt a Wampn wia r a Loas, huljo,
oan Hax als wia r a Goaß, huljo;
und stinka tuat a vorn und hint
drei Klafta gegan Wind!

5. Letztn Donnerståg auf d’ Nåcht, huljo,
habn wir an Teifi gschlacht, huljo;
wer a Teififleisch måg,
der ko kemma de Tåg.

6. Da Teifi und da Tod, huljo,
de san oftmals in Strit, huljo,
weil da Teifi a Schwanzl håt
und da Tod nit!

Da Schrout (= Balkon)

Teifi-Gstanzl: Das Lied ist GEMA-frei und kann im Rahmen der Volksmusikpflege ohne Genehmigung öffentlich aufgeführt werden.

Eine Sängerpersönlichkeit

Bertl Witter stammt aus einer musikalischen Familie, schon sein Vater beteiligte sich mit einer Gesangsgruppe am Traunsteiner Preissingen 1931. So wurde das gemeinsame Singen von Jodlern und Liedern ein wichtiger Bestandteil seines Lebens.
1986 wurde vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e. V. das Traunsteiner Liederbuch mit 60 Liedern und Jodlern, aufgeschrieben von Bertl Witter veröffentlicht. Im Jahr 2012 erschien eine zweite Auflage mit neu gestaltetem Umschlag, die Lieder wurden als Faksimile Druck beibehalten, um das Andenken an den Autor zu wahren. Die Lieder von Bertl Wittner sind alle Gema frei aufführbar, denn schließlich war der Komponist einer der Ersten, der seine Werke bei der FarVo, der Datenbank für frei aufführbare regionale Volksmusik eintragen ließ. Viele der im Traunsteiner Liederbuch abgedruckten Lieder sind mittlerweile zu Volksliedern geworden und bereichern so das Repertoire vieler Gesangsgruppen, was sicher das größte Kompliment für Bertl Witter gewesen wäre. Erwähnt sei noch, dass der Autor auch im Trio mit Leo Döllerer und Wastl Fanderl gesungen hat und als Quartett mit Georg Heindlmeier, Leo Döllerer, Wastl Fanderl als Die vier vom Gamsstadl auftrat. Ein Dialekt Wörterbuch über Liedtexte stammt ebenfalls aus Witters Feder.

Leo Döller, Wastl Fanderl und Bertl Witter (v. l.) unterwegs.

Tod und Teufel

Nun zum Thema Tod und Teufel in Bayern. Schon beim Brandner Kasper, einer literarischen Figur aus einer Erzählung von Franz von Kobell (1803–1882), entstanden 1871 in oberbairischer Mundart, wird der Tod beim Kartenspiel vom Brandner Kasper überlistet. Die so zusätzlich ergaunerten Lebensjahre des Branders führen allerdings zu einem erheblichen Durcheinander in der himmlischen Weltordnung. Die Darstellung des bayerischen Himmels bedient mit Weißwurst essen, Blasmusik, einem grantelnden Portner und pausbackigen Engerln viele Klischees. Mühsam erlangt der Tod die Erlaubnis dem Brandner Kasper einen Blick ins Paradies zu gewähren und so gelingt es dem Tod schließlich die gottgewollte Ordnung wieder herzustellen. Der Brandner zeigt sich bußfertig und bringt die Heilige Dreifaltigkeit mit seiner Geschichte zum Lachen, so wird ihm vergeben und er darf im Himmel bleiben. Veröffentlicht wurde die Geschichte erst in Form von einzelnen Blättern. Später aber erlangte sie Berühmtheit durch zahlreiche Theateraufführungen und Verfilmungen.
Tod und Teufel bieten den Menschen immer die Faszination des Gruselns. In Bayern wird damit in besonderer Art und Weise umgegangen. Da wird mit Pfiffigkeit der Tod ausgetrickst und betrunken gemacht und beim Kartenspiel betrogen oder wie im Text vom Teifi-Gstanzl beschrieben sogar der Teufel eingefangen, zur Arbeit gezwungen und am Ende gar geschlachtet. Sollte man sich von Tod und Teufel beobachtet fühlen, einfach mal nicht zu nahe hingehen. Auch wird das Aussehen des Teufels genau in Strophe 4 beschrieben. Dass sich sogar Tod und Teufel um Nichtigkeiten streiten, sagt uns die 6. Strophe.
Über Tod und Teufel zu triumphieren ist wohl ein zutiefst menschliches Anliegen, dem in Bayern mit großem Humor und Schlitzohrigkeit begegnet wird. So ist es kein Wunder, dass sich die Teifi-Gstanzl auch heute noch großer Beliebtheit erfreuen und fester Bestandteil im Repertoire vieler Gesangsgruppen sind.

Traunsteiner Liederbüchl

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