Heimisches Holz spielt die erste Geige

Susanne Conradi wurde für ihre Öko-​Geige mit dem ­Augsburger Zukunftspreis ausgezeichnet

4. Mai 2023

Lesezeit: 3 Minute(n)

Text und Fotos: Melanie Schiele
Ebenholz gehört zu den teuersten Hölzern der Welt – und auch zu den gefährdetsten. Seit 1994 steht es auf der Liste gefährdeter Arten der IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources). Massive Abholzung und Raubbau haben den Bestand des Tropenholzes dezimiert. Dennoch ist Ebenholz nach wie vor ein beliebter Werkstoff, vor allem im Instrumentenbau. Das Holz ist hart, schwer und widerständig. Damit erfüllt es Eigenschaften, die besonders da wichtig sind, wo das Instrument viel beansprucht wird. Bei Geige, Bratsche oder Cello ist das etwa das Griffbrett, also der Teil, über den die Saiten gespannt sind und auf dem Musikerinnen und Musiker die Töne greifen. Mittlerweile gibt es Alternativen zu tropischen Hölzern. Das EU-​finanzierte Projekt TeeWood zum Beispiel hat Sonowood entwickelt. Heimische Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft werden dafür derart veredelt, dass sie sowohl den klanglichen als auch den physikalischen Eigenschaften von Tropenhölzern gleichkommen. Auch andere Alternativen, etwa aus Kohlenstofffasern, werden bereits verwendet. Doch noch ist Ebenholz das Material Nummer eins. Teils aus Tradition, teils weil es immer noch günstiger ist als die veredelte Variante heimischer Hölzer. Wo Nachfrage ist, bleibt auch das Angebot, der Abbau des Tropenholzes ist also nicht gestoppt.
___STEADY_PAYWALL___

Innovation made in Augsburg

Eine, die das nicht hinnehmen will, ist Susanne Conradi. Die Geigenbauerin aus Augsburg beschäftigt sich schon seit den 1990er-​Jahren mit Alternativen im Instrumentenbau. Vor zehn Jahren hat sie die Gründung von Eben!Holz mitinitiiert, ein Verein, der sich für die nachhaltige Nutzung und den fairen Handel mit Hölzern für den Instrumentenbau einsetzt und ein Aufforstungsprojekt auf Madagaskar betreibt.

»Was Tropenholz kann, kann heimisches Holz auch.«

Heute bringt sie ein Griffbrett aus Walnuss in Form. Das Holzstück ist eingespannt und wird abgehobelt. »Walnuss ist nicht ganz so hart und robust wie Ebenholz«, erklärt sie. »Aber es eignet sich vor allem im Schülerbereich fast genauso gut wie das Tropenholz. Dass es sich minimal schneller abnutzt, merkt man beim normalen Gebrauch eigentlich nicht. Und klanglich macht es keinen Unterschied.«
Das darf man der Geigenbaumeisterin glauben. Susanne Conradi baut nämlich nicht nur Instrumente, sie spielt sie auch: Ihre Bratsche ist natürlich Marke Eigenbau und ausschließlich aus europäischen Hölzern hergestellt. Öko-​Bratsche nennt Conradi das. Und auch Öko-​Geigen oder -Celli baut sie in ihrer Werkstatt in der Augsburger Innenstadt. Dafür wurde sie jüngst mit dem Augsburger Zukunftspreis 2022 ausgezeichnet.

Unkräuter Kostbarkeiten. Kulinarische und musikalische Reise durch die Natur

Preislicher Anreiz für Öko-​Instrument

Die Jury, bestehend aus Schülerinnen und Schülern der Städtischen Berufsschule VI, lobte sie in ihrer Begründung für ihre innovativen Methoden und die nachhaltige und kostengünstige Herstellung. Preislich liegen Instrumente aus Conradis Öko-​Serie eher im niedrigeren Segment. »Das muss so sein, um Anreize zu schaffen«, sagt sie. »Der Preis bestimmt leider allzu oft noch die Kaufentscheidung.«

Dabei spielt sie auch auf Billig-​Geigen an, die man online kaufen kann. »Raubbau und illegale Abholzung ist nicht nur ein Problem bei Tropenhölzern. Bei diesen Instrumenten kann man weder nachvollziehen, woher das verwendete Holz kommt, noch unter welchen Umständen es abgebaut wurde.«
Conradi weiß das bei ihren Instrumenten sehr genau. Fichtenholz für die Geigendecke kommt aus Südtirol, wo es nachhaltig angebaut wird, den Ahorn für den Geigenboden bezieht sie aus Bosnien. Auch da kennt sie die Produzenten. Sie verwendet aber auch Weide aus dem heimischen Garten oder eben die Walnuss für das Griffbrett, an dem sie gerade arbeitet.
Die erste Geige ohne Tropenholz hat Susanne Conradi bereits 1994 gebaut. Vor 20 Jahren hat sie sich Wirbel aus Eibe und Zwetschge statt aus Ebenholz herstellen lassen. »Die gab es so noch nicht«, sagt sie. Die Geigenbaumeisterin experimentiert gerne mit verschiedensten Holzarten und ist zu dem Schluss gekommen: »Was Tropenholz kann, kann heimisches Holz auch. Nachhaltiger und ökologisch verträglicher.«

www.eben-​holz.org

Susanne Conradi Meistergeigen
Hallstraße 12, 86150 Augsburg
+49 821 153431 | +49 175 6061500
https://conradi-​meistergeigen.de

Aufmacher-Foto:

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Dir hat der Artikel gefallen?

Dieser Artikel ist für Dich kostenlos. Wenn Du unsere Arbeit unterstützenswert findest, magst Du unser Team vielleicht mit einem einmaligen Betrag oder mit einer regelmäßigen Spende über Steady supporten. Das Wichtigste ist – Danke, dass Ihr uns lest!

Unterstütze uns einmalig mit Paypal (an unseren Verlag: Fortes Medien GmbH)

Werbung

L