Jodeln verbindet – Menschen und Kulturen und Jodeln überrascht, denn das kraftvolle Singen im Wechsel von Kopf und Bruststimme kennt man nicht nur im medial so ausgeschöpft bedienten Bild des Alpenraums, sondern in Kulturkreisen, an die wir assoziativ möglicherweise zunächst einmal gar nicht denken. Im Mai findet zum dritten Mal das Festival LAUTyodeln in München statt. Elke Richly wirft für die »zwiefach« einen Blick voraus.
Text: Elke Richly Fotos: Paul Huf, Ludwig Olah, Kezia Zurbrügg, Christoph Jorda
Ob im afrikanischen Regenwald oder mitten in Skandinavien, ob in Wien oder im Appenzell, die Menschen joiken, rufen, johlen, dudeln oder juchzen, wie auch immer ihre kehligen Laute genannt werden, die etwas sehnsüchtig und tief Kraftvolles vermitteln. Auch die der urban heutigen Stadt-Jodler, deren Zahl kometenhaft steigt von Jahr zu Jahr, denn das Jodeln liegt im Trend, wie man so schön sagt. Die Münchner wollen jodeln, das zeigt sich deutlich bei den wachsenden Nachfragen zu Kursen, Workshops und Stammtischen aller Art.
Eine Idee, ein Gefühl kehrt zurück …
Das Festival LAUTyodeln, das das Kulturreferat der Landeshauptstadt München in Kooperation mit dem bekannten Independent Label Trikont bereits in den Jahren 2016 und 2019 verwirklicht hat, kehrt deshalb endlich zurück und möchte erneut die weltumspannende und innovative Kraft des Jodelns ausleuchten und für das Publikum erfahrbar machen. Jodler und solche, die es werden und ausprobieren wollen, sind in einem mehrtägigen Festivalprogramm eingeladen, die vielschichtigen Ausprägungen des Jodelns zu erfahren oder sogar selbst zu erlernen. Vom 9. bis 11. Mai 2024 werden an unterschiedlichsten Spielstätten der Stadt Konzerte, Workshops und Kurse mit Rahmenprogramm angeboten, die sowohl die Neulinge als auch die alten Hasen in neue Dimensionen des Jodelns entführen. Trikont wird außerdem wieder eine Festival-CD produzieren.
Kernstück des diesjähren Festivals bilden die beiden Konzerte im Carl-Orff Saal in der FAT CAT (ehemaliger Gasteig) und in der Zirka Halle im Kreativquartier am Leonrodplatz. Als Auftakt für das spannende Lineup für beide Konzerte fungiert die Fusion aus der Musikerin und Sängerin Anna Veit und der Band Vue Belle, eine Formation aus jungen Musikern mit Fluchtgeschichte, die unter der Leitung des Künstlers Paul Huf seit einigen Jahren miteinander Musik machen, die jenseits von Sprach- und Ländergrenzen die Menschen zusammen bringt und wahrlich Horizonte öffnet.
Im Projekt LAUTyodeln meets Vue Belle trifft der Alpenraum auf die Welt, der Jodler auf afrikanisch musikalische Geschichten, Sehnsüchte und Perspektiven, die den Blickwinkel auf innovative Art fürs Publikum verändern. Wo und wie begegnen und erweitern sich Kulturen gegenseitig? Die in Niederbayern aufgewachsene Musikerin Anna Veit, die vor ihrem Studium an der Musikhochschule an der Kirchenorgel und am Tanzboden musikalisch sozialisiert wurde, trifft in freien und offenen Workshop- Einheiten u. a. auf die Musiker Prince White (Nigeria) oder Papa Africa, Virtuosen in ihren Musikformen, die nach ihrer Ankunft in Deutschland ihren eigenen Heimatsound gesucht und gefunden haben. Man verbringt Zeit miteinander, wohl der Schlüssel zu vielem, was Begegnung ausmacht, man sucht und jammt und lacht und lässt einfach die Musik machen, die so viel mehr kann, als manches Gespräch.
Die Früchte aus diesem wunderbaren Prozess sind am 10. und 11. Mai zu hören, zusammen mit dem herausragenden Liedermacher, Sänger und Gitarristen Ernst Molden aus Wien, der sich exklusiv fürs Festival zusammen mit der Schlagzeugerin Maria Petrova dem Jodeln ähnlich mutig und erforschend nähern wird. Genauso wie Ganes, die ladinisch musizierende Band, die sich zusammen mit dem Multi-Instrumentalisten Johannes Bär bei LAUTyodeln Vol. 3 im einfallsreichen musikalischen Zusammenspiel zeigt, wie Jodeln in der Erinnerung ins Heute Menschen begeistert – in der Verbindung aus alt und neu, aus Tradition und Moderne, lebendig und betörend in der eigenen Besinnung auf die südtiroler Wurzeln, die die Bandmitglieder noch heute prägen und leben.
Jodlerische Klangreisen
Freuen können sich die Konzertbesucher auch auf die Formation Stimmreise.ch. Initiatorin Nadja Räss – Dozentin an der Hochschule Luzern für die Fächer Jodeln und Volksmusik – singt in einem A-Capella-Quartett: Vier Frauen, vier Klangfarben, vier Persönlichkeiten. Verortet in der Schweiz erweitern sie den Jodel zwischen Jazz und Tradition. Die Anknüpfung zu Südtirol setzt sich mit Opas Diandl fort. Das Quintett entstaubt auch noch die letzten Reste von überkommenen Jodel-Assoziationen und macht alle Türen in Herz und Hirn auf für die Tiefe und die Kraft, die das Jodeln so großzügig an seine Zuhörer und Selber-Jodler verschenkt.
Und wie sieht es mit den traditionellen Jodlern aus? Auch hierfür bietet das Festival einen Abend im Fraunhofer Wirtshaus. Denn durchaus spannend ist die Frage, wie vor dem buchstäblichen Jodelboom der vergangenen Jahre, die Jodler zum Beispiel im südlichen Oberbayern geklungen haben und auch heute noch klingen. Natürlich gibt es Unterschiede zur gängigen urbanen Jodelpraxis. Den Charme historischer Überlieferung, sowohl gesanglich als auch musikalisch, moderiert Traudi Siferlinger, die das Publikum immer wieder aktiv ins Programm mit einbinden wird.
LAUTyodeln – Ein Programmüberblick
Eröffnungsveranstaltung
Fraunhofer Wirtshaus, 9. Mai 2024
mit Traudi Siferlinger, den Geschwister Siferlinger u. a.
Konzert
Carl-Orff-Saal in der FAT CAT, 10. Mai 2024
mit Vue Belle und Anna Veit, Ernst Molden und Maria Petrova, Stimmreise.ch und Ganes feat. Johannes Bär
Konzert
Zirka Halle im Kreativquartier, 11. Mai 2024
mit Vue Belle und Anna Veit, Opas Diandl und offener Session mit Markus Prieth und Irma-Maria Troy
Workshopangebote zum Selber-Jodeln
Mehr Infos und Tickets: www.volkskultur-muenchen.de
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