»Auf der Alm sitzt a Schwalbn«

Tierisches Vergnügen mit Kinderliedern, Spielen und Reimen

14. März 2024

Lesezeit: 6 Minute(n)

Text: Elisabeth Mayrhofer Fotos: Pixabay

Was meinen Sie, wann sollte man anfangen mit aktiver Demenzprophylaxe? Ja, richtig: am besten im frühen Kindesalter und am allerbesten mit Singen, Musizieren und Tanzen, damit wir beim Älterwerden geistig und emotional fit bleiben. Die Forschung bestätig: Wer schon als Kind viel singt, ein Instrument erlernt und sich viel bewegt, hat eine gute Chance im Alter der gefürchteten Demenz wenigstens möglichst lang zu entkommen.

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Wie die Alten reimten …

Von meinem Großvater, einem großartigen Sänger vielstrophiger Lieder und Couplets, habe ich als dreijähriges Mädchen ein wunderbares Sprücherl gelernt, das wir immer zusammen mal gesprochen mal gesungen haben:

»Auf der Alm sitzt a Schwalbn, lasst a Batzerl owa falln.
Kimmt der Jäger mitm Gwehr, schiaßt des Batzerl hin und her.
Kimmt der Schreiner mitm Hobel, hobelt ’s Batzerl fein und nobel.
Kimmt der Schneider mit da Schaar, sagt des Batzerl is so rar.«

… und am Schluss nach vielen Strophenvariationen heißt es:

»Kimmt da Lehrer mit de Buam, sagt: des is a Gelbe Ruam!«

Dass in vielen Liedern für Kinder Tiere eine herausragende Rolle spielen, ist keine Überraschung. Wer kennt nicht: Alle meine Entchen oder Kuckuck ruft’s aus dem Wald? Fangen wir also gleich an mit unseren Jüngsten: Schon zweijährige verknüpfen Singfreude mit Spracherwerb und Körpererfahrungen, wenn wir z. B. auf die Melodie vom Frere Jacques gern auch die bairische Version vom Schneckenlied singen:

»Kriacht a Schneckn, kiracht a Schneck’
den Berg hinauf, Berg hinauf.
Hinten wieder runter, hinten wieder runter,
aufm Bauch, aufm Bauch.«

Dabei formt die Hand eine Faust, der Daumen ist der Kopf, die übrigen Finger krümmen sich zum Schneckenhaus. So kriecht die Schnecke langsam nach oben und unten und am Ende streicheln wir liebevoll unseren Bauch. Man kann das Tempo variieren, mit mehreren Kindern ein Schneckenrennen veranstalten und ausprobieren, ob auch beim Kanon Singen alle schließlich wieder »aufm Bauch« landen. Alle wieder gut angekommen? Freilich!

Ein anderes Spiel eignet sich wunderbar für kleine Gruppen von Kindern:

»Wirle warle was ist das?
Hinterm Ofen krabbelt was!
Is koa Fuchs, is koa Has,
Wirle warle was ist das?«1

Da darf sich ein Kind hinter einem Ofen aus einem mit Tuch verhangenen Stuhl oder Tisch verstecken, wenn das Lied gesungen ist, kommt das Kind hervor und zeigt pantomimisch, in welches Tier es sich verwandelt hat. Die anderen dürfen raten. Dann versteckt und verwandelt sich ein anderes Kind.

Kreativität wird großgeschrieben

Es gibt auch viele kleine Sprüche mit und ohne Melodien, die sich wunderbar weiter dichten lassen. Da ist zum Beispiel die herrliche Spruch Kette, die Grete Horak in ihrer wunderbaren Sammlung Tiroler Kinderleben aufgezeichnet hat.

»›Gehn ma tanzn!‹, sagt die Wanzn.
›Aber wo?‹, sagt der Floh.
›Aufm Tisch!‹, sagt der Fisch,
›Is koa Platz!‹, sagt der Spatz.«2

Soweit die Überlieferung. Aber jetzt geht’s erst los. Denn man kann dieses Muster schier unendlich weiterspinnen:

»›Magst was trinken?‹, sagn die Finken.
›Ja, a Bier!‹, sagt der Stier.
›Hast scho gnua!‹, sagt die Kuah.
›Bitte leise!‹, sagt die Meise.
›Du bist brav!‹, sagt das Schaf.
›Ja genau!‹, sagt die Sau.
›Bist du schee!‹, sagt das Reh. …«

… und so weiter, und so weiter. Obacht, diese Reimerei macht süchtig! Wir haben mit unseren Kindern etliche langweilige Staus auf der Autobahn damit überstanden und mit viel Spaß und den sehr kreativen, nicht immer ganz stubenreinen Versen unserer Buben die Wartezeit sinnvoll genützt.

Das Gestaltungsprinzip der Verse zu durchschauen, ist zunächst gar nicht so einfach: Zuerst muss ich mir ein Tier ausdenken, z. B Wolf, dann suche ich ein Reimwort dazu z. B. Golf und jetzt wird der Vers quasi von hinten her aufgezäumt: »›Spui ma Golf?‹, fragt der Wolf!« So funktioniert das!

Ganz schöne Gedächtnisleistung

Wer nun nicht nur schöpferisch tätig sein mag, sondern auch das Gedächtnis trainieren will, kann es mal mit sogenannten Kettenliedern probieren. Da wimmelt es auch von allerhand lustigen Tieren und deren fantasievollen Namen:

»Und wann i amal reich sullt werdn,
aft (dann) kafi mira Henn!
Da werd die ganze Welt wolln wissen,
wia mei Henn sollt hoaß’n miassn?
Aba Stuzerl hoaßt mei Henn!«3

Als nächstes kaufen sich die kleinen Sänger und Sängerinnen einen Hahn, der natürlich Kikrigo heißt. Und dann geht es weiter mit dem Hund und so fort. Bei jeder Strophe kommen neue Tiere dazu, die dann der Reihe nach von rückwärts her alle aufgezählt und immer mehr werden. Das ist dann nach 12 Strophen eine satte Gedächtnisleistung, wenn man zu singen hat:

»12. Jetzt ist aus, hoaßt mei Maus,
11. Kratz, kratz kratz, hoaßt mei Katz,
10. Halt di Gosch, hoaßt mei Frosch,
9. Zupfn weg, hoaßt mei Zeck,
8. Didl dadl, hoaßt mei Fadl,
7. Lass an Schoaß, hoaßt mei Goaß,
6. Quintn quantn hoaßt mei Antn,
5. Gib a Ruah, hoaßt mei Kuah,
4. Tritt ins Moos, hoaßt mei Roß,
3. Pumperlgsund, hoaßt mei Hund,
2. Kikrigo hoaßt mei Hahn,
1. Aba Stuzerl hoaßt mei Henn!«

Wenn die bairischen Kinder das österreichische »Fadl« in der 8. Strophe nicht als Schweinderl erkennen, kann man auch singen: »Wicki wacki, hoaßt mei Facki« oder »Spring ins Reindl, hoaßt mei Schweindl«. Und wer dann immer noch nicht genug hat — bei unseren Kindern passiert das immer wieder — können ruhig noch ein paar Tiere mehr dazu gekauft werden, z. B. passend zum Zeck: »Beiß in Po, hoaßt mei Floh.« oder »Schau wie schlau, hoaßt mei Pfau.« Dann wird’s immer spannender, wer sich die ganze lange Reihe merken kann.

Meist wollen die Kinder viele Wiederholungen und lernen so spielerisch lange Texte zu speichern, entdecken ihr dichterisches Talent, üben sich in Rhythmus und sprachlicher Vielfalt. Viele Strophen wie etwa bei der Vogelhochzeit sind kein Problem, sondern wecken den Ehrgeiz und verstärken den Spaß.

Meist lässt eher bei uns Erwachsenen die Konzentration nach … aber: siehe oben!! Wir haben ja allen Grund unser Kurzzeitgedächtnis zu üben zwengs der Demenzprophylaxe!!

Aus Tierwohlgründen und humanitärem Gewissen sollten wohl einige arg grobe Lieder oder Sprüche aus der Tradition aussortiert werden:

»Hennderl bibi, Hennderl gaga,
wanns d’ ma koa Oar net legst, stich i di o!«

oder:

»Toni Limoni, Pomerantschn guggu,
a gstinkata (gescheckerta) ­Goaßbock is ma liaba wia du!«

Na gut, weg damit. Aber lustig sind sie schon! Da halten wir uns vielleicht besser an die liebevollen Fingerspiele für die Kleinsten:

»Kimmt a Mäuserl in des Häuserl,
was wird’s suchen? Fleisch und Kuchen.
Wo werd’s rasten?
In der/dem [Namen einsetzen] ihrem/seinem Herzekasten!«

Unüberschaubar ist die Fülle der Tiere im Kinderlied, in Sprücherl, Abzählversen und Spielliedern. Da können die wenigen hier besprochenen nur stellvertretend für alle anderen stehen. Ein letztes, wahrscheinlich das beliebteste von allen besungenen Tieren, ist wohl der Gummibär. Das Lied stammt ursprünglich in Text und Melodie von Georg Feils (*1953), besser unter seinem Künstlernamen Ferri bekannt. Wir haben es in einer bairischen Fassung ein wenig zurecht gesungen, leicht umgedichtet, mit viel Begeisterung immer wieder aufgegriffen und als Belohnung für gut gelauntes Singen dann immer ein oder zwei Gummibärle spendiert. Ja, das ist auch eine gute Zusatz-Motivation zum Singen!

»Der Gummibär

  1. I kenn an Bärn, der hat koa Fell,
    der is sche bunt und laaft net schnell.
    Der wohnt fei in a Tütn
    und net auf der Hüttn!

    Refrain: Des is der Gummi-, Gummi-, Gummi-, Gummi-, Gummibär,
    hast scho oan oder magst no oan, an Gummibär?
    Des is der Gummi-, Gummi-, Gummi-, Gummi-, Gummibär,
    gell, da schaugst, ruck zuck is de Tütn leer!

  2. Ja ziemlich kloa und süaß im Mund,
    z’vui davo is aanet gsund.
    Nass pappt er ganz guat,
    am Gwand und aa am Huat!
  3. Und wer z’vui Gummibärle isst,
    kriagt Zahnweh und des is a Mist!
    Putz dir die Zähn, de kloana!
    Nacha muasst net woana!«

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